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Was machen wir heute?: Das Deutschlandbild prägen

Wie eine Mutterdie Stadt erleben kann

Demnächst bekommen wir Besuch. Von Alison, einer jungen Französin, die für zwei Wochen als Austauschschülerin unser Gast ist. Direkt nach den Osterferien. Charlotte fährt dann im Herbst ebenfalls für 14 Tage nach Paris. Wir freuen uns auf diesen Besuch. In einem sehr netten Brief haben wir Alison schon kennengelernt. Sie hat drei Geschwister, lebt in einem Vorort der französischen Hauptstadt. In entzückendem Deutsch erzählt sie von einem Weihnachtslied, das sie so gehört haben will: „In der großen Tanne König der Wälder“. Wir erfahren, dass sie Zola und Victor Hugo liest. Eine 15-Jährige und Zola! Beeindruckend! Charlotte steht ja eher auf „Gossip Girl“ von Cecily von Ziegesar. Alisons Brief endet mit den Worten „Ich bin gepresst dich zu treffen“. Das klingt so liebenswürdig.

Ein bisschen nervös bin ich allerdings auch. Alison soll sich bei uns wohl fühlen. Unsere Familie wird vermutlich ihr Deutschlandbild beeinflussen. Das soll ja positiv ausfallen. Wir sind für sie der Prototyp der deutschen Familie. Komischerweise fühle ich mich als Mutter herausgefordert, vielleicht weil Bevölkerungsforscher seit etlichen Jahren auf die französischen Mütter als Vorbilder weisen. Die hätten uns so einiges voraus : Sie bekommen mehr Kinder als wir, so dass es in Frankreich nicht so starke demografische Probleme gibt wie in Deutschland, und arbeiten trotzdem. Außerdem sehen sie toll aus – wie Sophie Marceau in der wunderbaren Mutter-Tochter-Filmkomödie „Lol“, mit der Charlotte und ich uns letztens auf unseren französischen Besuch eingestimmt haben.

Besser kochen tun sie bestimmt auch. Wie soll ich da keine Minderwertigkeitskomplexe bekommen? Also, was präsentiere ich als typisch Berliner Essen? Eisbein mit Erbspüree? Oder doch besser Döner holen? Die Osterferien werde ich in der heimischen Versuchsküche verbringen. Dann kann unser Gast kommen. Liebe Alison, wir sind gepresst, dich zu treffen. Sigrid Kneist

Eine tolle Berliner Kneipe ist die „Kleine Markthalle“, wo es richtig leckere Hähnchen gibt: Legiendamm 32, Kreuzberg, Tel.: 614 23 56

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