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Was machen wir heute?: Die Wirtschaft ankurbeln

Wie ein Vaterdie Stadt erleben kann

Jetzt arbeitet auch die jüngere Tochter; das ist gut so, weil doch der eiskalte soziale Wind durch Deutschland fegt und man nicht früh genug anfangen kann, sich mit dem Arbeitsleben anzufreunden. Die Zehntklässlerin Franca gibt Nachhilfestunden, von Latein bis Mathematik – was eben bei Achtklässlern nachgefragt wird. Man wundert sich, dass sich der Markt noch nicht volatil über eine Börse regelt und die hoffnungslosen Nachhilfefälle in Fonds gebündelt als Risikopakete nach Asien oder so weitergereicht zu werden. Nur so viel: H & M und Zara bedanken sich, dass Franca nun alles tut, um das Wirtschaftsleben zu stimulieren. Die 18-jährige Lara, die mit Nachhilfe, Babysitten, Café-Aushilfe und Schreibjobs schon einen kleinen Mischkonzern aufgebaut hat, lässt das Taschengeld dagegen aufs Konto überweisen.

Der Vater sieht es mit Freude und hofft, dass die Umgangsformen der Töchter sich durch den Kontakt mit dem Wirtschaftsleben verbessern – zumindest gegenüber dem Vater. Dem ist immer noch peinlich, wie Franca ihn kürzlich im Café runterputzte, wo der Vater bei den Matheaufgaben half. Dass der Vater mathematisch gesehen ein Versager ist, wissen jetzt alle Gäste. Dagegen ist es fast erträglich, wenn die ältere Tochter wieder mit resigniertem Tonfall raunzt, „wenn du keine Ahnung hast, sag’s doch gleich“. Beim Vorfall im Café fragte sich der Vater, ob die von der UN gefeierte Erklärung der Menschenrechte auch für Eltern gilt. Er hat dann aber nur milde gebeten, die Stimme zu senken und aufzuhören, die von Pythagoras hart erarbeiteten Grundsätze der Mathematik zu ignorieren. Er kann nur hoffen, dass die Töchter mit ihren Nachhilfekunden nicht so umspringen. Dann wird das nichts mit dem Wirtschaftsaufschwung. Aber hinter harschen Worten stecken zuweilen doch liebenswerte Geschöpfe – etwa die garstige Tante Elinor im Buch „Tintenherz“. Die droht ihrer Nichte Meggie, sie zu erschießen, falls die ihre Bücher anrührt. Freunde werden sie dann aber doch. Was eine andere Geschichte ist. Gerd Nowakowski

„Tintenherz“ von Cornelia Funke, Dressler-Verlag. Den Film gibt es in allen Kinos.

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