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Was machen wir heute?: Fahrkarten kaufen

Leute, kauft Fahrkarten, bevor die lausigen Zeiten kommen. Ich hätte beinah den Notarzt rufen müssen, als sie in der Tagesschau die nächste Preiserhöhung der Bahn vermeldeten.

Leute, kauft Fahrkarten, bevor die lausigen Zeiten kommen. Ich hätte beinah den Notarzt rufen müssen, als sie in der Tagesschau die nächste Preiserhöhung der Bahn vermeldeten. Irgendwie lag die ja in der Luft nach der Lokführergehaltserhöhung. Aber dass es Mehdorns Truppe nicht genügt, sich in die allgemeine Preisspirale einzufädeln, sondern dass sie mit dieser zusätzlichen Scheußlichkeit aufwartet – da fehlen mir die Worte. Jeder, der am Schalter eine Karte kauft, soll für diese Dienstleistung 2,50 Euro bezahlen. „Bedienzuschlag“ nennt sich das. Genau! Hier ist man bedient, und es wird richtig zugeschlagen. Die Erfinder dieser Geldbeschaffung fahren in der Regel mit dem Auto, und wenn sie ihre Bahn nehmen, dann haben sie einen Freifahrtschein. Alle anderen dürfen blechen. Das heißt: wir. Wir Rentner. Jedenfalls jener Teil, der mit den Automaten nicht klar kommt. Erinnert ihr euch noch, wie es zu unserer Jugendzeit war? Auf den Bahnsteig kam man nur mit einer Bahnsteigkarte. Die kostete zehn Pfennige, aber Tante Frieda war das schon mal wert, wenn wir sie vom Zug abgeholt oder in denselben gesetzt haben. Eines Tages wurde der Quatsch abgeschafft, doch er könnte wiederkommen, wenn das so weitergeht.

Demnächst also: fünf Mark Bedienzuschlag für das Selbstverständlichste der Welt. Wird sich meine Gemüsefrau daran ein Beispiel nehmen? Oder der Bäcker? Der Busfahrer? Der Kellner? Einen Saunaaufguss nur mit Bedienzuschlag? Ich denke daran, wie kalt diese Welt wird, weil man uns zwingen möchte, nur noch mit stählernen Automaten zu kommunizieren. „Hey du, ich möchte nach Worpswede, hast du da mal eine kleine Fahrkarte für mich?“ Keine Antwort. Nicht mal, wenn ich zu dem Ding Sie sage.

Nein, ich will nicht extra dafür zahlen, dass vor mir ein Mensch sitzt. Meinetwegen kann der berlinern, Sächsisch oder Bayrisch oder Schwäbisch sprechen, aber ich möchte in zwei freundliche Augen blicken, eine Stimme hören, Worte verlieren (statt Geld), etwas plaudern und einen Arbeitsplatz erhalten. Ohne Zuschlag, einfach so. Lothar Heinke

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