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Was machen wir heute?: Juristen bewundern

Als ich T. in der Schule kennenlernte, wollte er noch Kampfpilot werden, aber das gab sich rasch.

Von David Ensikat

Als ich T. in der Schule kennenlernte, wollte er noch Kampfpilot werden, aber das gab sich rasch. Sein nächster Berufswunsch war ähnlich skurril: Rechtsanwalt. Neben dem Jurastudium befasste er sich schon mal mit der Erforschung juristisch relevanter Grenzbereiche: Er rauchte verbotene Substanzen. Darüber kam er irgendwie von seinem Berufswunsch ab. Ob das für seine charakterliche Entwicklung gut oder schlecht war, ist schwer zu sagen. Ohne Jura-Abschluss ist er jedenfalls ein netter Mensch geblieben, wenn auch – nach herkömmlichen Kriterien – nicht unbedingt extrem erfolgreich.

Ein ehemaliger Nachbar, ein sehr angenehmer Mensch, der mir für mein einziges Vorstellungsgespräch ein Jackett geliehen hatte – das Gespräch lief ganz furchtbar, den Job habe ich trotzdem bekommen; das kann nur am Jackett des netten Nachbarn gelegen haben –, dieser Nachbar also studierte ebenfalls Jura, rauchte aber nicht mal Nikotin und beendete folglich sein Studium mit Erfolg. Er zog dann um nach Frankfurt am Main, um bei einer „Private Equity“-Firma viel Geld zu verdienen. Der kauft jetzt für Äpfel und Eier florierende Firmen auf, entlässt mit fiesem Lachen alle Angestellten und verkauft die Firmen für Millionen weiter, weil die Angestellten ja nichts mehr kosten. Ich will nicht voreingenommen wirken oder ideologisch, aber dessen Jacketts ziehe ich nie wieder an! Die sind inzwischen allesamt getränkt mit Angestelltentränen.

Was ich sagen will: So ein Jurastudium scheint eine interessante Sache zu sein. Wo das überall hinführen kann. Ich möchte jetzt mal so einen richtigen Rechtsanwalt kennenlernen, einen mit Robe und Plädoyer und Ich-hol-sie-hier-raus- Blick. Auf den Wunsch hat mich das Fernsehen gebracht. Da gibt es nämlich eine unglaublich gute, sehr zynische, hochmoralische Anwalts-Serie, „Boston Legal“. Der Anwalt, den ich kennenlernen möchte, sollte bitte schön entweder so kuschelig-reaktionär sein wie der eine aus der Serie oder so verschlagen-liberal wie der andere. David Ensikat

„Boston Legal“, Vox, mittwochs 22 Uhr 05.

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