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Was machen wir heute?: Kein Geschäft

Vom grundsätzlichen Selbstvermarktungsunterschied zwischen Männern und Frauen konnte ich neulich wieder etwas lernen, da war ich in Wedding, um für eine Kleidertausch-Party nicht mehr benötigte Kleidung abzugeben. Ich stand mit einem vollen Trolleykoffer in einer Schlange mit mehreren Geschlechtsgenossinnen und einem Mann.

Vom grundsätzlichen Selbstvermarktungsunterschied zwischen Männern und Frauen konnte ich neulich wieder etwas lernen, da war ich in Wedding, um für eine Kleidertausch-Party nicht mehr benötigte Kleidung abzugeben. Ich stand mit einem vollen Trolleykoffer in einer Schlange mit mehreren Geschlechtsgenossinnen und einem Mann. Alle Geschlechtsgenossinnen kicherten, guckten sich gegenseitig in die Tüten und Koffer, stellten augenzwinkernd Gemeinsinn her, nickten zustimmend oder grunzten mitfühlend, wenn die Bekleidung von den Partyorganisatorenjury (zwei weibliche Entscheider, eine weibliche Schriftführerin, die hinter einem langen Tisch saßen), als „nicht-gut-genug-für-diese-party“ abgelehnt wurden. Die Kleiderauswählerinnen – Frauen an der Macht – waren streng und knapp: Kleid? „Zu bunt.“ Die Jeans? „Zu hell.“ Und: „Halstücher haben wir genug.“

Der Mann guckte nicht und nickte nicht und grunzte nicht und kicherte nicht. Ungerührt sah er zu, wie Andersgeschlechtliche ihre Taschen erwartungsfroh aus- und geknickt wieder einräumten. Dann war er dran. Entschlossenen Schrittes erreichte er den Präsentiertisch. Öffnete seine Tüte und zog heraus: einen Wildledermantel und einen karierten Schal. Wortlos und mit strenger Miene stierte er die zwei weiblichen Entscheider an, die an dem Mantel herumfingerten, die sich wanden, und als sie schließlich akzeptierten, schob er ihnen den Schal hin. Tja also, Halstücher hätten sie ja eigentlich schon genug, sagte die eine, da stierte er noch strenger, aber Herrenschals ja nicht so viele, lenkte die andere ein, der Blick wurde milder, eine Art Anerkennung transportierend: Baby, du hast es! Sie nahmen den Schal. Der Mann zog mit leeren Tüten davon. Dann war ich dran. Überflüssig zu erwähnen, dass ich sieben Achtel meiner herbeigeschleppten Kleider wieder mit nach Hause nehmen konnte. Manno! Ariane Bemmer

Diskussion zum Thema heute in der Urania: Bascha Mika und ihr wahlweises Motivierungs- oder Beleidigungsbuch „Die Feigheit der Frauen“, An der Urania 17, 19.30 Uhr

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