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Was machen wir heute?: Kunst

Wie ein Ost-Berlinerdie Stadt erleben kann

Neulich hat mich ein Kinofilm begeistert, in dem gezeigt wurde, wie Müllsammler aus dem Dreck einer Stadt bedeutende Kunst herstellen. Es war eine Dokumentation aus Südamerika, aber sie hat mich doch sehr an Berlin erinnert – an die vielen Dinge, die ich mir neuerdings ansehe, anhöre, anfühle.

Etwa im Theater in dem rasanten Stück, in dem einer sagte: „Das Wort Penis polarisiert, vor allem, wenn es um Polarbären geht.“

Oder bei der Buchpremiere einer geheimnisvollen Autorin, die vorlas: „Es ist ein heimtückischer Januskopf, dieses Klavier. Wäre es ein Mensch, man hätte längst versucht, es von sich selbst zu trennen.“

Schließlich auf dem Konzert einer durchdrehenden Band, über die danach ein Blogger schrieb: „Die kollektive Hypnose lässt jegliche Indoktrination vergessen.“

Die Kunst, mich über bedeutend daherkommende Kunst zu freuen, habe ich erst mit einem Film über den Müll begriffen. Ich kann mich noch an frühere Galeriebesuche oder Theaterabende erinnern, bei denen sich mir das ganze dargebotene Abstrakte gar nicht erschlossen hat – konkret gesehen. Oder so. Darum wohl bin ich in meiner Jugend solch ein großer Kinofan geworden. Die Bilder dort waren keine Folie für irgendwas, sondern eben die Bilder.

Jetzt aber weiß ich (ironischerweise aus dem Kino), dass auch in den irrsten Ausdrucksformen eigentlich etwas ganz Einfaches steckt: die Verwertung eines Restes, der haften bleibt und den man deshalb anders betrachten kann. Und der dadurch ganz toll aussieht, sich ganz durchgedreht anhört, sich ganz geheimnisvoll anfühlt.

In Berlin gibt es sowohl haufenweise Dreck als auch haufenweise Kunst. Komisch, dass da noch keinem ein Zusammenhang aufgefallen ist. Aber der Film über die Müllsammler von Rio de Janeiro war ja auch nur eine Woche lang im Kino. Robert Ide

Die britisch-brasilianische Dokumentation „Waste Land“ wartet weiterhin auf einen Filmverleiher.

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