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Was machen wir heute?: Marktfrauen bewundern

Auf unserem kleinen Wochenmarkt am Zehlendorfer Stadtrand ist im Winter nicht viel los. Manche Händler bleiben weg.

Auf unserem kleinen Wochenmarkt am Zehlendorfer Stadtrand ist im Winter nicht viel los. Manche Händler bleiben weg. Für diejenigen aus dem Umland ist ohnehin Ende November Saisonschluss. Sie kommen erst wieder, wenn sie selbst gezogenes Obst und Gemüse, Kräuter und Blumen aus dem eigenen Garten feilbieten können. Doch eine Händlerin macht niemals Pause. Eisern ist sie auch bei Kälte zur Stelle. Dabei wirkt sie nicht gerade robust, sondern eher, als könnte der Wind sie umpusten, aber das täuscht. Frauen sind eben doch die Stärkeren.

Unsere bemerkenswerte Marktfrau handelt übrigens mit Strümpfen und Wäsche, so etwas ist ja das ganze Jahr über gefragt. Kerzengerade steht die schmale, unscheinbare Frau in einer Art Wohnwagen, der vollgestopft ist mit ihren Waren, alles erste Qualität. Freundlich, geduldig, fachkundig berät sie die Kundschaft und zaubert aus ihren Kartons prompt das Gewünschte hervor. Ist das Passende mal nicht dabei, auch kein Problem, sie besorgt es gern.

Früher hatte sie ganz in der Nähe ein Wäschegeschäft, lange her, dass sie es aufgegeben hat. Wie alt mag sie sein? Warum tut sie sich den Marktbetrieb an? Neulich fasste sich die Rentnerin ein Herz und fragte einfach. Die Antwort verschlug ihr die Sprache. „Na 82“, sagte die Händlerin und lächelte verschmitzt. Ob sie sich so langsam zur Ruhe setzen wolle? „Ach wissen Sie“, erwiderte sie gelassen, „es geht, solange es geht, man muss etwas tun, man muss in Bewegung bleiben.“

Eigentlich, erzählte sie, habe sie den Marktstand bloß gemietet, um ihre „Reste“ hier loszuwerden, damals, nachdem sie den Laden aufgegeben hatte. Doch die Kundschaft sei ihr treu geblieben, besonders die ältere, und so ist es gekommen, dass sie keine Zeit habe, ans Aufhören zu denken, bisher jedenfalls nicht. Klar, die Kunden möchten sie nicht missen. Unsereiner hat auch keine Lust, dauernd zum Einkaufen in die Stadt zu fahren. Beim Anblick der Marktfrau aber muss die Rentnerin immer daran denken, dass man nicht kräftig sein muss, um stark zu sein. Brigitte Grunert

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