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Was machen wir heute?: Mit Rauchern leiden

Irgendwie können sie einem ja richtig leid tun, die Freunde, Kollegen, Lebensabschnittsgefährtinnen oder Blutsverwandten, wenn sie zum Frönen ihrer Leidenschaft vor die Tür geschickt werden. Viele gehen schon ganz freiwillig, „muss mal“, sagen sie dann, was ja irgendwie stimmt, „is dringend“.

Irgendwie können sie einem ja richtig leid tun, die Freunde, Kollegen, Lebensabschnittsgefährtinnen oder Blutsverwandten, wenn sie zum Frönen ihrer Leidenschaft vor die Tür geschickt werden. Viele gehen schon ganz freiwillig, „muss mal“, sagen sie dann, was ja irgendwie stimmt, „is dringend“. Dann rauscht keine Klo-Spülung, sondern klickt das Feuerzeug, ein tiefer Zug, die Lungen jubilieren, genüsslich strömt der Odem tabakgeschwängert in Gottes Natur – hier rauch’ ich, Mensch, hier darf es sein.

Der Herr Rentner gehörte ja, wie fast alle Menschen der Welt, auch einmal zur Fraktion, Jahrzehnte hat seine Birne geraucht, sogar „Turf“, „Casino“ und „Karo“ durften in den Körper schlüpfen, die DDR hatte auch einen Glimmstängel, der doppelt so lang war wie alle anderen und sinnigerweise „Sport“ hieß. Ab und zu gab es den Duft der großen, weiten Welt, damit wurden festliche Werke vollbracht: „Dannhill“, das klang doch irgendwie nach schottischen Schlössern, bei Pohlmohl sah man die Silhouetten von Manhattan schon so richtig vor sich. Alles Trugbilder im blauen Dunst. Eines Tages knallte das Herz durch und, schwupp, flogen die letzten Kippen ins Feuerloch vom Kachelofen. Aus und vorbei.

Und nun tun sie mir wirklich leid, die Leute, wie sie nur so viel dürfen, wie man ihnen gestattet. Achten Sie mal drauf: Vor Geschäften, in den Personaleingängen der Kaufhäuser, in den zugigen Durchgängen der Postämter, ja, sogar vor dem Bettenhochhaus der Charité stehen die unverdrossenen RaucherInnen und ziehen die Lulle. Bald werden sie auch aus den Caféhäusern vertrieben, ja, wenn es nach der Anti-Zigaretten-Senatorin im ach so toleranten Berlin geht, darf man sich nicht mal im Hinterzimmer der letzten Eckkneipe eine anzünden, „weil dann der Kellner gezwungen wäre mitzurauchen“, obwohl er gerade die 16. Zigarette seiner Tagschicht pafft, aufm Klo oder sonst wo. Ein Durcheinander. Variiert einfach Schillers „Glocke“: „Die Leidenschaft flieht, die Liebe muss bleiben. Die Zigarette verglüht: Lasst euch nicht vertreiben!“ Lothar Heinke

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