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Was machen wir heute?: Schauen, ob noch was geht

Das Licht ist schummrig, es riecht nach Zigaretten. Menschen nippen an Bierflaschen und starren an eine kahle Wand.

Das Licht ist schummrig, es riecht nach Zigaretten. Menschen nippen an Bierflaschen und starren an eine kahle Wand. Langsam werden sie unruhig. Ob da heute noch was geht?

Manchmal ist Berlin genau wie Basel, denke ich: alles wie in den achtziger Jahren im „Neuen Kino“. Es richtete sich an ein Publikum, das „sperrige Filme in ungewohnter Atmosphäre genießen will“, wie bis heute stolz auf der Internetseite vermeldet wird. Die Abspielgeräte waren schon damals nicht so neu: Wenn in einem Meisterwerk von Tarkowski bedeutsame Wassertropfen von der Decke tropften, riss häufig der Film. Eisern blieben wir sitzen, tranken Bier und warteten. Vielleicht ließ sich der Schaden ja beheben.

Heute entscheide ich mich eher für St. Pauli als für Tarkowski. Als ich das „BabaBerlin“ betrete, steht es bereits 1:0 gegen Freiburg. Super! Ich bestelle ein Astra, jubele über einen brillanten Fernschuss – da ist das Bild weg. Anders als in Basel erscheint ein Schriftzug: „Hinweis 2: Überprüfen Sie, ob die Antenne richtig eingesteckt ist.“ Der coole Barmann klettert auf eine Leiter und fummelt an der Antenne rum. „Quelle erkannt“, leuchtet auf. Dann kommt wieder Hinweis 2.

Der Barmann legt eine Hans-Albers-CD ein. Das zieht bei St.-Pauli-Fans immer. „Scheiße!“, brüllt plötzlich jemand und starrt auf sein Handy: „1:1, Cissé!“ Der Freiburger Torjäger. Mist!

Ich hätte in diese urige Fußballkneipe an der Graefe-/ Ecke Böckhstraße gehen sollen. Manche klagen, der Graefe-Kiez verkomme zum Ghetto der Werbefritzen und Studenten. Dabei gibt es Oasen wie jene Kneipe, wo auch Rentner und andere unhippe Menschen willkommen sind.

Ich war da: Baustelle. Ein Mittzwanziger mit Wollmütze und Dreitagebart riss die Wandverkleidung raus. „Kein Fußball heute?“, fragte ich. „Nö. Nie mehr. Wird eine Studentenbar“, sagte er. „Tut mir leid für dich.“

Also wegziehen? Ach was, ich werde mich bei der Senioren-Uni bewerben. Vielleicht geht da ja was. Till Hein

Für Bildung ist es nie zu spät. Die Senioren-Universität: www.proseniores-berlin.de

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