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Was machen wir heute?: Schlamassieren

Eis liegt auf dem Gehweg, wer läuft, rutscht aus, wer Rad fährt, sowieso. Autos werden mit Spitzhacken freigeschlagen, um sodann mit heulenden Motoren zu verkünden: Es rutscht immer noch, ich komm hier niemals raus!

Von David Ensikat

Eis liegt auf dem Gehweg, wer läuft, rutscht aus, wer Rad fährt, sowieso. Autos werden mit Spitzhacken freigeschlagen, um sodann mit heulenden Motoren zu verkünden: Es rutscht immer noch, ich komm hier niemals raus! Straßenbahnfahrer stehen rauchend um gefrorene Weichen, S-Bahnen – ach Gott ja, S-Bahnen. Mit Rilke möchte man sagen: Wer sich heute schon mal rausgetraut hat, traut sich nimmer mehr.

Machen wir den Fernseher an, Nachrichten, da reden sie vom großen Vorsitzenden einer Partei, die zwar über keinen Rückhalt im Volk verfügt, dafür aber über Regierungsverantwortung. Unterparteiführer sagen, dass die gesamte Parteiführung geschlossen hinter dem großen Vorsitzenden stehe … Welches Jahr haben wir? 2011? Echt? Schon?

Sehen wir uns etwas anderes an! Es soll lang dauern, denn der Winter ist noch lang, und der große Vorsitzende wird noch lange seinem Volke dienen. Eine Fernsehserie, die sogar bei uns schon mal im Fernsehen lief. Sie ist so gut, dass sie sie bei Arte gut versteckt haben. Aber Fernsehserien sieht der aufgeklärte Fernseher ohnehin nicht mehr im Fernsehen, sondern auf DVD. Diese ist auch gar nicht teuer. Und sie handelt irgendwie auch von der S-Bahn und vom großen Vorsitzenden, es geht darum, was geschieht, wenn man sich einmal dem Bösen verschrieben hat, wie man immer tiefer im Sumpf versinkt, zwangsläufig, wie Fehler aus Fehlern resultieren, und man fragt sich, warum es „Schlamassel“ nur als Substantiv gibt – wo ist das Verb? Walter White und Jesse Pinkman, die S-Bahn-Typen, der Vorsitzende und seine Satrapen, was tun die alle? Sie schlamassieren. Besser kann man das gar nicht sagen.

Und wenn man „Breaking Bad“ gesehen hat und hinterher das Haus verlässt und das Auto nicht von der Stelle kriegt und keine S-Bahn fährt, und wenn man ausrutscht auf dem Eis, dann weiß man, dass das alles erst der Anfang ist. David Ensikat

„Breaking Bad“, die erste und die zweite Staffel, jeweils 3 DVDs ab ca. 15 Euro.

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