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Was machen wir heute?: Sex, Gewalt und Tod bewundern

Der Künstlerfreund steht mit dem Rentner im Hamburger Bahnhof vor einem Kubus aus Pressspan, zusammengehalten durch rohe Holzbalken: Ein hoher Gang verengt sich beklemmend mehr und mehr. Ganz am Ende – ein Mensch kann dort sicherlich nicht mehr laufen – dringt aus einer seitlichen Tür ein Licht, ein übernatürlich erscheinendes, grünes Licht.

Der Künstlerfreund steht mit dem Rentner im Hamburger Bahnhof vor einem Kubus aus Pressspan, zusammengehalten durch rohe Holzbalken: Ein hoher Gang verengt sich beklemmend mehr und mehr. Ganz am Ende – ein Mensch kann dort sicherlich nicht mehr laufen – dringt aus einer seitlichen Tür ein Licht, ein übernatürlich erscheinendes, grünes Licht. Stell Dir vor, du bist tot, nun kommen zwei Engel, der eine rechts, der andere links, nehmen Dich am Arm und führen Dich nach vorn, dem aus der Tür dringenden Licht entgegen, sagt der Künstlerfreund. Der Rentner wagt’s. Ganz hinten geht’s nicht weiter, der Gang ist enger als die Schulter breit. Der Rentner wendet die Schultern und schaut vorsichtig um die Ecke: ein unregelmäßig quadratischer Raum. Er ist leer, unheimlich erfüllt von diesem unwirklichen, grellen, grünen Licht. Schnell flieht er zurück. Später sind dann beide in dem Raum. Die Haut der Hände und der Gesichter wirkt wie von Toten, schwärzlich bläulich, die Augen dagegen, als seien sie aus Glas und dem Gesicht angeheftet. Dann finden sie einen Ausgang. Und nun zeigt sich der Einfluss der Kunst auf das Leben: Alles, aber auch alles im Bahnhof leuchtet in einer intensiven Farbe: rosa!

Die beiden lassen sich auch weiterhin auf die Werke von Bruce Nauman ein. „Five marching men“: Figurenumrisse aus bunten Neonröhren, die im Stechschritt marschieren, bei jedem Heben des Beines erigiert der Penis. „Sex und Death“ ist genauso deutlich. „American violence“, aus der Zeit des Vietnamkrieges, ebenfalls aus Neonröhren, erschließt sich durch die Aufmerksamkeit des Künstlerfreundes: Es ist ein leicht verändertes Hakenkreuz.

Die beiden Freunde strolchen weiter durch die langen Gänge des Museums. Die „Gartenplastik“ von Dieter Roth ist ein absurd erscheinender Schrotthaufen, das Traumbild eines Messies, ursprünglich war sie zudem auch noch der freien Natur ausgesetzt. Nach Naumann sind die Freunde ganz offen: Die Gartenplastik bereitet ihnen erstaunliches Vergnügen. Plümper

Bruce Nauman, Dream Passage 28. Mai bis 10. Oktober, Hamburger Bahnhof, Invalidenstraße 50-51 in Mitte

Plümper

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