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Was machen wir heute?: Steueroasen bereisen

Die Reise nach Vaduz war lange vorbereitet, ich hatte einen freien Tag und mir ausreichend Kenntnisse in liechtensteinischem Stiftungsrecht angeeignet. Die Augen meines Steuerberaters bekamen einen feuchten Glanz, als er mich mit letzten Informationen versorgte.

Die Reise nach Vaduz war lange vorbereitet, ich hatte einen freien Tag und mir ausreichend Kenntnisse in liechtensteinischem Stiftungsrecht angeeignet. Die Augen meines Steuerberaters bekamen einen feuchten Glanz, als er mich mit letzten Informationen versorgte. Dennoch muss die Reise nun leider ausfallen. Aus aktuellem Anlass, sozusagen.

Dass die Steuerfahndung sich seit vergangener Woche sehr für deutsche Steuersparmodelle interessiert, sorgt mich nicht. Meinen Steuerberater auch nicht. Er sagt: „Denken Sie antizyklisch, das bringt die höchsten Renditen.“ Es ist schwer zu bestreiten, dass Liechtensteins Kurs in den Steueroasen-Rankings gerade etwas abgestürzt ist.

Ich habe also nicht über Nacht die Lust verloren, Steuern zu sparen. Ich kann es mir derzeit nicht leisten. Mein Auto ist kaputt, geschätzte Reparaturkosten: 2000 Euro. Das Geld will aufgetrieben sein – und ein anderes Verkehrsmittel nach Vaduz auch. Eine Flugverbindung gibt es nicht, die Anfahrt mit der Bahn dauert neuneinhalb bis zehn Stunden.

Die Diskretion des Steuerparadieses Liechtenstein beginnt schon auf der Internetseite der Deutschen Bahn. Für die wichtigsten ausländischen Ziele (Wien, Zürich, Amsterdam etc.), heißt es da, können Fahrpreise online ermittelt werden. „Für Ihre gewählte Verbindung ist dies leider nicht möglich.“ Die Schlussfolgerungen daraus sind niederschmetternd. Denn wer zum Bahnschalter geht, „Was kostet eine Fahrt nach … ähm Liechtenstein?“, kann auch gleich das Wirtschaftsdezernat der örtlichen Staatsanwaltschaft anrufen. Die Alternative ist genauso trübe. Weitersparen wie gehabt. Kein Glamour, nichts, worauf man stolz sein könnte. Die Candle-Light-Dinner mit der heimlichen Geliebten bleiben Arbeitsessen etc., Kleinkram eben.

Es ist eine harte Woche. Nicht weil die da unten mal wieder sehen, was die da oben so alles treiben. Man würde ja auch gerne. Aber dann platzt ein Automotor, und die Reise in die Steueroase ist futsch. Marc Neller

Wichtige Links zum Thema: www.bahn.de, www.finanzamt.de MARC NELLER]

Marc Neller

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