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Was machen wir heute?: Stullen im Museum essen

Wie eine West-Berlinerin die Stadt erleben kann - das nackte Bauhaus-Archiv besuchen.

Wer sagt denn, dass Museen was ausstellen müssen? Manchmal sind sie sich selbst genug. Wer Sasha Waltz und ihre Kompagnie durch das frisch renovierte Neue Museum hat tanzen sehen, war vom Bau überwältigt. So wie alle, die vor Jahren an einer der Architekturführungen durch das leere Jüdische Museum teilgenommen haben, bevor es mit Objekten vollgestopft wurde.

Auch das Bauhaus-Archiv hat nun aus der Not eine Tugend gemacht. Da die eigenen Exponate in der großen Bauhaus-Ausstellung im Martin-Gropius-Bau sind, zeigt sich das Haus einmal nackt. „Schön anzusehen“ heißt die Aktion, zu der Architekturführungen und Filme gehören. Ein wahrer eye opener. Der Bau von Walter Gropius ist nicht wiederzuerkennen. Das Haus hat Fenster! Riesige Fenster, eine ganze Front zum Landwehrkanal. Plötzlich ist der lange Saal, der sonst eher düster und gedrungen wirkt, offen und hell. Der Besuch lohnt sich: Kehrt die Kunst erst zurück, muss der Raum wieder abgedunkelt werden. Ob das Museum schön ist, darüber könnte man streiten. Interessant trifft es eher. Als Museum ist es problematisch, und dass es ursprünglich nicht als solches geplant war, hilft dem Besucher nur bedingt.

Ein ästhetischer Hochgenuss ist dagegen das Pausenbrot, das die Grafikdesignerin Susann Unger für die Aktion gestaltet hat, ganz im Bauhaus-Sinne: schlicht und gut. Auf einem modernen Holzbrettchen wird eine blaue Serviette ausgebreitet, darauf kommt, was man sich nach dem Baukastenprinzip zusammenstellt: großporiges Graubrot von der Bäckerei Mälzer, Blutwurst vom Blutwurstritter aus Neukölln, Butter, gewürzt oder ungewürzt, Gretas Marmeladen, Ricotta-Minze-Creme, Schnittlauch und Cornichons, alles in kleinen Gläschen abgefüllt und köstlich. Damit setzt man sich an einen der alten Biergartentische draußen vor der Tür, mit Blick auf den Landwehrkanal, und hält hinterher ein Nickerchen im Liegestuhl. So schön kann Museum sein.

- Bauhaus-Archiv, Klingelhöferstraße 14, schön anzusehen bis 4.10. www. bauhaus.de

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