Was machen wir heute?: Tippen

Meine Lottozahlen lauten: 3, 7, 16, 17, 19, 49. Die 3 und die 16 haben etwas mit meinem Geburtstag zu tun, die 7 hat ja irgendwie jeder, und die 49 sollte, glaube ich, ein Witz sein. Wie ich auf die 17 und 19 gekommen bin, weiß ich nicht mehr. Ich habe meine Zahlen seit 20 Jahren. Jeden Samstag schaue ich in der Zeitung nach, ob sie diesmal gefallen sind. Das ist ein wenig gefährlich, schließlich spiele ich gar kein Lotto.

Ich komme eigentlich vom Fußball-Toto. Als Schüler bin ich an jedem Dienstagnachmittag in den Lottoladen in Pankow gelaufen und habe die DDR-Oberligaspiele getippt – und einmal hatte ich Glück (vielmehr Ahnung): Auf meinem Totozettel standen zehn von elf Richtigen. Am Dienstag nach der Schule lief ich hinüber zum Lottoladen, um mir die Quoten anzuschauen, auf dem Weg überlegte ich, was ich mit den Hunderten von Ostmark alles kaufen könnte, einen großen Kassettenrekorder etwa. Aber leider hatte jeder Idiot zwischen Fichtelberg und Kap Arkona auf die richtigen Sieger getippt: Für zehn von elf Richtigen gab es überhaupt keine Gewinnausschüttung.

Gerade wollte ich aus dem Laden stürmen, da erblickte ich an der Kasse ein knutschendes Pärchen. Es füllte lachend Lottoscheine aus, ich starrte sie in meiner Verwirrung wohl einen Moment zu lange an, denn als sie mich entdeckten, fragten sie mich nach meinen Zahlen – einen Tipp hätten sie noch übrig. Ich nannte ihnen die Ziffern, die etwas mit meinem Geburtstag zu tun hatten, und noch ein paar andere. Dann lief ich nach Hause mit dem festen Vorsatz, nie wieder einen Lottoladen zu betreten, das war doch sowieso alles Betrug am Bürger. Aber was wäre, wenn die beiden mit meinen Zahlen gewinnen? Am nächsten Tag ging ich doch noch einmal zur Tippkasse und füllte einen Schein aus. Natürlich kamen die Zahlen nicht – aber vergessen habe ich sie nicht. In dieser Woche sind 14 Millionen Euro im Jackpot. Ob ich es noch einmal versuchen sollte? Robert Ide

Lotto und Zeitschriften, Stargarder Straße 4.