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Was machen wir heute?: Vergangenem Glanz nachspüren

Berlin-Touristen fasziniert vor allem das neue Berlin, und der Pariser Platz ist so ein Anziehungspunkt, denn er ist ja wiedergeboren aus der Ödnis, die Krieg und SED-Staat hinterlassen hatten. Zu Mauerzeiten hatte überhaupt keiner Zutritt, außer Wildkaninchen, Grenzgebiet!

Berlin-Touristen fasziniert vor allem das neue Berlin, und der Pariser Platz ist so ein Anziehungspunkt, denn er ist ja wiedergeboren aus der Ödnis, die Krieg und SED-Staat hinterlassen hatten. Zu Mauerzeiten hatte überhaupt keiner Zutritt, außer Wildkaninchen, Grenzgebiet!

Schön, dass sie wieder glänzen, die Amerikanische und die Französische Botschaft, das Haus Liebermann, die Akademie der Künste, das Adlon. Alles tipptopp, alles anders als einst, nur der Grundriss des Platzes ist noch der von anno 1735, als der Soldatenkönig das „Quarrée“ anlegen ließ, das den Namen Pariser Platz erst nach dem Sieg über Napoleon in den Befreiungskriegen erhielt. Wo heute Manager ihre Büros haben, war einmal ein vornehmes Wohnquartier. Nichts verraten die neuen Gebäude davon, dass hier Adlige und Bürger von Rang und Namen ihre Palais hatten, erst schlichte, dann prächtige, die zur Eleganz des Brandenburger Tores passten. Wo die Amerikanische Botschaft steht, wohnte zum Beispiel Blücher, der volkstümliche „Marschall Vorwärts“ der Befreiungskriege. Oder die Akademie der Künste. An diesem Ort siedelten des Soldatenkönigs „Schutzjude“ und Geldbeschaffer Meyer-Ries. Berühmte Leute wie die Rechtsgelehrten Suarez und Savigny, General Wrangel und Max Liebermann („gleich links, wenn man in die Stadt reinkommt“) hatten ihre Adresse am Pariser Platz. Zuletzt ging es bergab, plante Speer dort Hitlers „Germania“.

Nun wimmelt es von Touristen, von Bärenführern und Pferdekutschen, während die neuen Bauten wie unantastbar hinter einer Bannmeile zu stehen scheinen. Schlecht verkleidete Soldaten lassen sich für ein paar Münzen fotografieren, gerne mit Touristen im Arm, hier ein historischer „langer Kerl“, dort ein GI mit der amerikanischen Fahne, ein verfremdeter NVA-Soldat ist auch dabei. Prominente sieht man eilig den Platz überqueren und im Adlon verschwinden. Es ist schon eine eigenartige Mischung aus Empfangssalon der Stadt und Rummel, fehlt bloß die Frittenbude. Brigitte Grunert

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