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Was machen wir heute?: Verspannt bleiben

Ein Vortrag an der Charité geht der Frage nach, wie man am besten mit Stresssituationen umgeht.

Es ist ein immer wiederkehrendes Murmeltierdings in meinem Leben, dass jemand zu mir sagt: Entspann dich doch mal, sei doch nicht so verkrampft.

Am häufigsten fordert das im Grunewald der Lehrer, der mir die Reiterei beizubringen versucht. Kaum sitze ich auf dem Pferd und habe den Fuß in den Steigbügel geschoben, greift er nach meinem Unterschenkel, reißt daran herum und schreit: „Alles total verkrampft! Sei doch mal locker!“ Bewege ich die Wade ein bisschen hin und her, brüllt er: „Nicht so schlackern!“ Den Rest der Stunde versuche ich dann angestrengt, entspannt, aber nicht schlackrig zu sein.

Oder neulich am Badesee. Ein Freundin wollte mir das Kraulen beibringen. Dafür sollte ich zunächst toter Mann spielen. Im Wasser liegen, und zwar bauchwärts, und den Kopf ins Wasser sinken lassen. „Einfach den Nacken entspannen“, sagte sie. Ich hielt die Luft an, duckerte mein Gesicht ins kalte Wasser und merkte, wie meine Füße auf den Boden sanken. Ich japste nach Luft. Die Freundin sagte: „Nicht tauchen, entspannen.“ Ich duckerte wieder unter. Sie piekste mir in den Nacken und rief: „Hier entspannen, einfach locker lassen!“ Pieks. Pieks. Von Entspannung natürlich keine Spur. Es ging einfach nicht. Ich war frustriert.

Zu Hause lief ich rastlos umher und fragte mich: Wie entspannt man? Kann das jeder? Oder ist Entspannen eine Typfrage? Vielleicht können gar nicht alle Menschen entspannen. Es können ja (obschon das immer wieder behauptet wird) auch nicht alle Menschen singen. Es können ja nicht mal alle aufräumen. Oder neue Milch kaufen, bevor die alte alle ist. Vielleicht ist Entspannen auch überbewertet. Bei mir löst die Aufforderung dazu jedenfalls Stress aus. Murmeltiere dagegen geraten im Sommer in Stress – wegen der Hitze. Weil sie nur sehr wenige Schweißdrüsen haben. Den Rest des Jahres schlafen sie. Das hilft natürlich gegen Verspannungen. Aber das kann ich ja wohl kaum nachmachen, nicht wahr? Ariane Bemmer

Heute, 18 Uhr, Charité-Hochhaus, Raum B: Vortrag zum Umgang mit Stresssituationen

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