zum Hauptinhalt

Was machen wir heute?: Von der Flasche wegkommen

Wie ein Vater die Stadt erleben kann - sich um Flaschen kümmern.

Unter uns Männern gibt es zwei Typen von Biertrinkern: Die einen, das sind die Blumenfreunde, die Genussmenschen. Das ist der ausgeglichene Typ, der gepflegte Herr, der die Geduld aufbringt, sieben Minuten zu warten, bis der schaumgekrönte Kelch ihm die helle Freude bereitet. Die andere Sorte Mann bevorzugt es perlig, das ist der Flaschentyp: kernig, hemdsärmelig und direkt. Die Kerle von der Durstlöschtruppe fackeln nicht lang, wenn die Kehle brennt. Für sie gilt der Umweg übers Glas als dünkelhafter Schnickschnack.

Es gibt Männer, die bleiben ein Leben lang an der Flasche hängen. Auch Mädchen soll es geben, die solche Männer werden. Bei Klein-Greta gab es dringenden Handlungsbedarf. Denn unsere Tochter hat in ihren ersten drei Lebensjahren ein bedenkliches Suchtverhalten entwickelt. Glücklicherweise hat das verschärfte Kinderschutzgesetz bei uns gegriffen. In dieser Woche rief die Kinderärztin an und kam ihrer Pflicht nach, uns zur neu verordneten Vorsorgeuntersuchung U 7a einzuladen, mit der Verwahrlosungstendenzen rechtzeitig erkannt werden sollen. Es sei nun Zeit, dass Greta sich von der Flasche als Einschlafhilfe verabschiede, empfahl die Ärztin. Ihre Abendmilch solle sie jetzt aus der Tasse trinken – und zwar vor dem Zähneputzen. Zur Premiere am selben Abend saß die Familie am Tisch und sah zu, wie Greta ihre Milch aus der Tasse trank. Wir lobten sie für den großen Schritt und versprachen ihr ein Geschenk, das sie sich aussuchen dürfe. Emma, ihre große Schwester, protestierte: „Ihr guckt, als hätte Greta noch nie aus einer Tasse getrunken. Das ist ungerecht, dass sie dafür etwas geschenkt bekommt und ich nicht.“ Greta nutzte die Zeit, sich einen Wunsch zu überlegen, der den Flaschenverzicht lohnen sollte. Schließlich hatte die Kleine die Idee: „Ich will meinen Schnuller wiederhaben.“

Liebe Club- und Partygänger: Statt mitgenommene Bierflaschen zu zerschlagen, stellen Sie sie bitte an den Gehsteigrand. Viele Leergutsammler verdienen sich damit ein Pfandgeld dazu. Und wir Väter brauchen uns nicht zu sorgen, dass Kinder auf die Scherben fallen.

Stephan Wiehler

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false