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Was machen wir heute?: Von Höherem träumen

Wie ein Vaterdie Stadt erleben kann

Es muss 1988 gewesen sein. Ein Lehrer unseres Gymnasiums in Lichtenrade fragte, was wir werden wollten. „Journalist“, antwortete ich vielleicht eine Spur zu übermütig. Aber ich war total überzeugt von mir, und immerhin, in der Schülerzeitung hatte ich auch schon mal was veröffentlicht.

„Dafür muss man aber mehr Allgemeinbildung haben als du“, gab ein österreichischer Mitschüler seinen Senf dazu. Alle lachten. Er war der Klassenliebling. Wenigstens mein Deutschlehrer blieb sachlich, verwies allerdings auf meine hohe Fehlerquote und dass mir in meinen Aufsätzen zuweilen die Comic-geschulte Fantasie durchginge.

In der nächsten Nummer unserer Schul zeitung schrieb ich dann zum Trotz, wie man Journalist würde, obwohl ich ehrlich gesagt nicht die leiseste Ahnung hatte, wie man das in Wirklichkeit wird. Der Artikel fiel mir neulich beim Einräumen von Umzugskisten ebenso in die Hände wie mein Interview mit dem damaligen Bildungsstadtrat von Tempelhof. Einem gewissen Klaus Wowereit. Und noch etwas entdeckte ich in einem Heft – einen Aufsatz, den mein Deutschlehrer E. wie folgt kommentiert hatte: „65 Fehler auf zwei Seiten sind eine erstaunliche Leistung.“ Das ist herbe. Egal, mein Traum vom Journalismus ist vor genau zehn Jahren trotzdem wahr geworden.

Mit den Heften in der Hand fragte ich Leonie, was sie denn werden wolle. „Journalistin wäre schon gut, aber noch lieber würde ich Astronautin werden.“ Sie ist jetzt in der zweiten Klasse. Astronautin! Mir fiel wieder ein, dass sie mich vor kurzem beiläufig gefragt hatte, was man alles können müsse, wenn man ins Weltall wolle. „Mathe, und zwar gut“, hatte ich ihr geantwortet. Das hat sie offenbar nicht ab geschreckt. Früher, als sie noch in der Vorschule war, wollte sie Seiltänzerin werden. Astronautin ist eindeutig besser. Irgendwie auch realistischer. Ingo Wolff

Im Deutschen Technikmuseum können kleine Astronauten einen ersten Einblick in die Luft- und Raumfahrt bekommen. Trebbiner Straße 9, Di.–Fr. 9–17.30, Sa./So. 10–18 Uhr.

Ingo Wolff

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