Was machen wir heute?: Weihnachtsmänner jagen

Herrschaftszeiten, waren wir naiv. An das Christkind habe ich noch geglaubt, als ich schon eine Zahnspange trug. Dabei hat es mir meinen sehnlichsten Wunsch nie erfüllt – die blöde Zahnspange zu schnappen und im ewigen Himmelsfeuer einzuschmelzen. Gesehen habe ich das Christkind auch nie, egal wie schnell ich war. Jahr für Jahr derselbe Frust: Im Wohnzimmer läutet das Glöckchen, ich stürze hinein, das Fenster steht sperrangelweit auf, und das Christkind ist leider, leider gerade eben ausgeflogen.

Tom und Linda ist diese seelische Grausamkeit erspart geblieben. Denn statt mit flüchtigen Christkindern hatten sie es bislang nur mit dem Weihnachtsmann zu tun. Dabei handelt es sich bekanntermaßen um einen schon etwas in die Jahre gekommenen, beleibteren Senior. Außerdem ist es in Berlin schwieriger, dem Weihnachtsmann zu entkommen, als ihn zu schnappen. An jeder Ecke stehen die Rotmäntel mit den weißen Bärten. In den Fußgängerzonen lauern sie den Kindern auf, in Einkaufscentern, in den Schulen und Kindergärten, selbst in der S-Bahn fahren sie mit.

Was soll man den Kleinen sagen, die wissen wollen, warum der Weihnachtsmann schon Anfang Dezember umtriebig ist? Dass er sich im Himmel langweilt, dass er früh anfangen muss, um die Arbeit zu schaffen, oder dass die vielen Weihnachtsmänner gar nicht echt sind?

Bei uns ist die Katze aus dem Sack. Neulich hielt ich ein paar Socken in der Hand und dachte laut darüber nach, sie Tom zu Nikolaus zu schenken. Leider hatte ich Linda an meiner Seite vergessen: „Den Nikolaus gibt es auch nicht?“ fragte sie völlig entsetzt. Kurz zuvor hatte sich nämlich bereits mein Gatte verplappert und ungewollt das Weihnachtsmannkomplott aufgedeckt. Jetzt kann nur noch einer die zarte Kinderseele retten. Aber wer glaubt schon an den Osterhasen? Heike Jahberg

Weihnachtsmänner und Engel kann man beim Studentenwerk Berlin bestellen (Tel.: 84 31 22 22), Weihnachtsmänner kosten 28 Euro, mit Engel sind es 56 Euro.