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Was machen wir heute?: Zurückbleiben üben

Und weg ist sie. Hinter der Scheibe der Sicherheitskontrolle winkt sie noch einmal, ziemlich erwachsen, dann ist sie nicht mehr zu sehen.

Und weg ist sie. Hinter der Scheibe der Sicherheitskontrolle winkt sie noch einmal, ziemlich erwachsen, dann ist sie nicht mehr zu sehen. Seit einem Tag siebzehn Jahre alt, die Tochter. Nun fliegt sie zu ihren Freundinnen nach Italien, natürlich allein. Am Tag zuvor, an ihrem Geburtstag, hatte sich Lara einen Familienausflug gewünscht, wie seit vielen Jahren. Eine seit Grundschultagen gepflegte Tradition mit durchaus zweifelhafter Haltbarkeitsdauer, wie der Vater am Tag danach auf dem Flughafen schmerzlich zu spüren vermeint.

Ein See in Brandenburg muss es diesmal sein, sagt Lara zum Ausflugsziel; das findet auch die vierzehnjährige Schwester gut. „Alles okay, nur kein Museum“, sagt Franca. Am Schwielowsee beim Strandbad Caputh, wo der Blick weit übers Wasser schweifen kann, kann man auch Surfbretter und Kanus mieten. Ball spielen im Wasser, im Schatten der Bäume Geschichten erzählen von ganz früher aus der Kita – das ist wie eine Zeitreise zurück, als die Familie noch nicht vier Handys brauchte, um sicherzustellen, dass man am Abend zu Hause gemeinsam am Tisch sitzt. Hier nun, in dieser Zeitkapsel am Strand, streiten sich die Töchter erbittert bei einem öden Harry-Potter-Quiz, gegen das selbst ein ordinäres Auto-Quartett eine intellektuelle Herausforderung ist, bis wütend die Karten in den Sand fliegen und die Eltern schlichten sollen. Als seien beide wieder Achtjährige. Der Vater hat plötzlich das Gefühl, er genieße dies fast.

Einen Tag nach dem Abflug der großen Schwester bringt der Vater auch die Vierzehnjährige zum Bahnhof. Beim Ausflug am Schwielowsee stand Franca auf dem Surfbrett, das Segel fest in den Händen und die Wende geübt, der Vater allein am Ufer. Nun klettert sie so selbstverständlich in den Zug, als würde sie schon ihr Leben lang allein in die Ferne fahren, und sorgt sich nur, ob sie genug zu lesen hat auf der Fahrt. Das war mal anders, erinnert sich der Vater, als der Zug aus dem Bahnhof rollt. Dann klingelt das Handy. „Ich hab dich lieb“, sagt die Tochter. Gerd Nowakowski

Windsurfen am Strandbad Caputh, www.go-surf.de, Tel. 033209 20449

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