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Kultur: Was soll nur aus Berlins Kultur werden? Eine Diskussion in der Akademie der Künste

Am Ende wagt dann doch niemand auszusprechen, was den ganzen Abend über in der Luft hängt: Dass nämlich in zehn Jahren Berlins Bühnenlandschaft kaum wiederzuerkennen sein könnte. Dass dort, wo jetzt einmalige Vielfalt herrscht, nur noch ein Kernangebot an Staatstheatern übrig bleibt, zusammengeschnurrt wie die Zielgruppe des klassischen Bildungsbürgerpublikums.

Am Ende wagt dann doch niemand auszusprechen, was den ganzen Abend über in der Luft hängt: Dass nämlich in zehn Jahren Berlins Bühnenlandschaft kaum wiederzuerkennen sein könnte. Dass dort, wo jetzt einmalige Vielfalt herrscht, nur noch ein Kernangebot an Staatstheatern übrig bleibt, zusammengeschnurrt wie die Zielgruppe des klassischen Bildungsbürgerpublikums. Die großen Institutionen, die sich durch einen Personalkostenanteil von 80 Prozent am Gesamtetat in ihrer künstlerischen Beweglichkeit strangulieren, wären dann die Ausnahme, Häuser ohne eigenes Ensemble die Regel, als gastfreundliche Hülle für Künstlergruppen, die sich für einzelne Projekte jeweils neu zusammenfinden.

So weit aber wollte, wie gesagt, dann doch keiner denken bei der Podiumsdiskussion unter dem Motto „Perspektive oder Pleite“, zu der Deutschlandradio und Tagesspiegel in die Akademie der Künste geladen hatten. Hitzig wurde die von Radiointendant Ernst Elitz geleitete Debatte immer dann, wenn es nicht um Zukunftsforschung ging, sondern um Personalfragen. Peter Raue, kunstsinniger Anwalt und Chef der Nationalgalerie- Freunde, wollte mit Kultursenator Thomas Flierl Namen für den Vorsitz der Opernstiftung diskutieren. Tagesspiegel-Theaterkritiker Rüdiger Schaper attackierte den Senator für die schlecht begründete Entscheidung, Christoph Hein zum Leiter des Deutschen Theaters zu machen. Die Kulturausschuss-Vorsitzende Alice Ströver von den Grünen forderte gar, potenzielle Intendanten sollten sich vor ihrer Ernennung der Befragung durch das interessierte Publikum stellen. Matthias Lilienthal, Leiter des „Hebbel am Ufer“, punktete mit rotzigen Bemerkungen zum bevorstehenden Tod der Traditionshäuser – effektsicher vorgetragen im urberliner Jargon, der bei Akademikern immer gut ankommt.

Thomas Flierl seinerseits verspürte nicht die geringste Lust, bei den Frotzeleien mitzumachen. Dabei wurde deutlich, wie sehr er inzwischen in den Denkmustern der Profipolitiker gefangen ist. „Haushaltsnotlage“ ist der Schlüsselbegriff seiner Argumentation. Das kulturfeindliche Klima im Senat hat den PDS- Mann offensichtlich schon so zermürbt, dass ihm die Lust auf Visionen vergangen ist. Kein Wunder, dass er verbittert reagiert, wenn er nicht einmal mehr bei Kulturmachern und Feuilletonisten Verbündete findet. Mit dem Verweis auf seine Erfolge beim „Substanzerhalt“ kann Flierl noch keinen Blumentopf gewinnen. Rüdiger Schaper formulierte es scharf, aber treffend: In Berlin wird das vorausgesetzt.

Frededrik Hanssen

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