zum Hauptinhalt

Kultur: Was wird aus der Bahn?: Rothengatter: "Es fehlt einfach die Konkurrenz"

Werner Rothengatter (57) ist Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Karlsruhe (TH). Die Bahn ist eine Variable im Gesamtsystem Verkehr.

Werner Rothengatter (57) ist Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Karlsruhe (TH).

Die Bahn ist eine Variable im Gesamtsystem Verkehr. Wie kann es sich auswirken, wenn man an dieser Variablen etwas ändert?

Wenn bei der Bahn durch Reformen Verbesserungen eintreten, dann wird mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Zuwachs an Bahnleistungen zu verzeichnen sein. Die Konkurrenten, also der Straßengüterverkehr und auch der Luftverkehr, würden dann entsprechend verlieren.

Was muss sich denn bei der Bahn tun, damit sie besser wird?

Im Wesentlichen drei Dinge. Erstens: Die Bahn muss zuverlässiger werden. Sie hat im Augenblick sehr viele Langsamfahrstellen, die die Fahrpläne durcheinander bringen. Dadurch wird die Bahn von den Menschen, die es eilig haben, nicht richtig akzeptiert. Zweitens: Die Bahn muss auch schneller werden, denn für Geschäftsreisende spielen die Reisezeiten eine große Rolle. Und drittens muss sie auch preislich attraktiv sein. Um das zu erreichen, könnte die Bahn mehr Wettbewerb vertragen. Als Monopolistin hat sie derzeit zu wenig Konkurrenzdruck. Deshalb ist es wichtig, dass man die Marktstrukturen ändert.

Ist denn der Bodewig-Plan dafür geeignet?

Ich meine ja. Es wird ja schon seit Jahren darüber diskutiert, ob die Entwicklung der Bahn in Richtung einer straff geführten Holding weitergehen soll, so wie es der Bahnvorstand will, oder in Richtung der Trennung von Netz und Verkehr. Die Trennung von Netz und Verkehr wird von der überwältigenden Zahl der Wissenschaftler befürwortet. Ich halte das auch für richtig, denn es ist der einzige Weg, für mehr Wettbewerb zu sorgen. Solange der Platzhirsch das Netz beherrscht, wird er nicht seine eigene Konkurrenz fördern.

Ein Problem ist doch: Für weite Strecken ist die Bahn besser, aber am Ankunftsort braucht man ein Auto - besonders in ländlichen Gegenden. Wird denn gar nicht über Lösungen für dieses Dilemma nachgedacht?

Doch, und wahrscheinlich schon in zwei Jahren wird es auch Angebote dafür geben. Es gab ja bereits den Vorschlag von Herrn Vester, kleine Stadtautos mitsamt ihren Fahrern zu transportieren, damit die am Ankunftsort Bewegungsfreiheit haben. Das halte ich für groben Unfug, denn dann müsste man ja für jeden Reisenden, der 70 Kilogramm wiegt, mindestens 700 Kilogramm für das Auto mitschleppen. Vernünftiger wäre es, wenn am Bahnhof eine günstige Mietmöglichkeit für einen Kleinwagen bestünde, und noch sinnvoller, wenn am Zielort ein vernünftiges Angebot des öffentlichen Nahverkehrs vorhanden wäre.

Aber auf dem Lande kommt man mit dem Nahverkehr nicht weit, und nachts auch in vielen Städten nicht.

Da gebe ich Ihnen Recht. Das Auto ist in der Fläche unschlagbar. Die Bahn denkt auch darüber nach, wie sie den Kunden von Haus zu Haus bedienen kann. Da könnte es zum Beispiel die Möglichkeit geben, dass der Bahnfahrer sich im Zug schon über Handy das Auto mietet, das er dann nach seiner Ankunft nimmt. Auch in die Richtung eines kleinen Mietwagenparks am Ankunftsort wird gedacht. Sowohl Automobilhersteller als auch die Bahn und die Mietwagenfirmen haben das Potenzial erkannt. Jetzt müssen sie sich nur noch irgendwie einigen.

Die Bahn ist eine Variable im Gesamtsystem Verkehr

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false