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Kultur: Weltmusik: Spielbein

"Wie viele Kubaner gibt es hier?" Niemand antwortet.

"Wie viele Kubaner gibt es hier?" Niemand antwortet. Luis Frank, der die Frage auf Spanisch stellt, wirkt verlegen. Überrascht scheint er dennoch nicht. Welchen tanzfreudigen Kubaner zieht es schon auf Konzerte, bei denen sich das Publikum um Mousepads mit Che-Guevara-Motiv reißt. Oder um Kaffeebecher fürs Büro, auf denen das Logo des Buena Vista Social Club prangt. Und so erlebt die rappelvolle Columbiahalle eher einen Aufstand der Angestellten: Tumultöser Beifall, sobald der greise Sänger Pío Leyva nur die Nase zeigt. Fürs deutsche Publikum verkörpert er den Traum einer alterslosen Gesellschaft - jenseits von Lifting und Viagra. Dabei stellt der 40-jährige Sänger Luis Frank in seinem Projekt Soneros de Verdad zwei Generationen von Musikern vor. Die einen hat er aus den Afro Cuban All-Stars und dem Buena Vista Social Club rekrutiert, die anderen stammen aus innovativen Bands wie der Charanga Habanera. Neu an diesen "Wahrhaftigen Soneros" ist keineswegs nur die wunderbar geschmeidige Stimme von Luis Frank. Sondern auch die Erkenntnis jüngerer kubanischer Talente, dass auf Kuba internationaler Erfolg - und damit Auslandsreisen und Devisen - unweigerlich an die Ausbeute traditioneller Rhythmen geknüpft ist. Die allerdings werden hier zu Lande nicht immer goutiert: Als Altmeister Guillermo Rubalcaba am Flügel über einen Danzón improvisiert, fährt das Publikum wild klatschend dazwischen. Nur wenige verstehen die auf Spanisch überbrachte Nachricht vom Tod des 73-jährigen Sängers Manuel Licea. Doch auch wenn der Social Club bald ausstirbt - sein Mythos ist so kratzfest wie das Produktlogo auf den Kaffeebechern.

Roman Rhode

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