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Kultur: Werner Knopp: Ein bürgerlicher Herr in unbürgerlicher Zeit

Werner Knopp ist der Repräsentant einer Sache, die es eigentlich gar nicht mehr gibt: der bürgerlichen Kultur. Das gab seiner Erscheinung als Präsident der "Stiftung Preußischer Kulturbesitz" etwas Liebenswürdig-Unzeitgemäßes.

Werner Knopp ist der Repräsentant einer Sache, die es eigentlich gar nicht mehr gibt: der bürgerlichen Kultur. Das gab seiner Erscheinung als Präsident der "Stiftung Preußischer Kulturbesitz" etwas Liebenswürdig-Unzeitgemäßes. Seine Noblesse repräsentierte eine Kultur, die in seiner Lebenszeit unwiederbringlich an ihr Ende gekommen war. Das melancholische Wort von Hans-Peter Schwarz, wonach über Adenauers Epoche der Abendglanz des bürgerlichen Zeitalters lag, trifft auf kaum jemand so zu wie auf ihn. Das wird sofort deutlich, wenn man Knopps Vorgänger neben ihn stellt, die großen Männer der Berliner Museen vor und nach dem ersten Weltkrieg.

Alle diese Männer von Bode über Max Friedländer bis zu Carl Einstein standen für das preußische, das Berliner und oft genug auch das jüdische Bürgertum, aus dem sich auch die vornehmsten Mäzene der Berliner Sammlungen rekrutierten, all die Oppenheims und Arnholds, und sie verkehrten denn auch in den Villen und Landhäusern dieser Berliner Bourgeoisie zwischen Grunewald und Tiergarten. Alles das ist im Dritten Reich und dem Krieg untergegangen.

Die unübersehbar reiche museale Erbschaft Preußens wurde in Ost-Berlin in den zerschossenen alten Häusern auf der Museumsinsel untergebracht und in West-Berlin in der inzwischen gegründeten "Stiftung Preußischer Kulturbesitz" zusammengefasst. Aber das Berliner Bürgertum existierte nicht mehr. Als sich der Ullstein Verlag in den siebziger Jahren daranmachte, die berühmte Propyläen Kunstgeschichte wiederzubegründen, zeigte sich, dass es auch die großen Museums-Männer nicht mehr gab. Einst hatte es genügt, die Direktoren der Berliner Museen zusammenzurufen, und man konnte sich auf fast jedem Feld auf die ersten Köpfe ihrer Disziplin verlassen. Ein Vierteljahrhundert später musste man sich die Autoren fast aus aller Welt zusammensuchen. Nur Otto von Simson, der Enkel von Oppenheim, war noch da, um als Mitherausgeber der neuen Propyläen Kunstgeschichte den Berliner Geist zu repräsentieren.

Auch an dem Präsidenten der "Stiftung Preußischer Kulturbesitz" erwies sich diese neue Lage Berlins. Zum einen waren es keine Museumsleute mehr, die die Staatlichen Museen zusammenfassen und repräsentieren konnten, und zweitens kam keiner von ihnen noch aus Berlin. Der erste Präsident Wormit war von Hause aus Jurist, ein klassischer hoher Beamter der preußischen Verwaltung. Und auch Werner Knopp, sein Nachfolger, war Jurist, allerdings in der akademischen Laufbahn. Vor allem aber war er Wissenschaftspolitiker - erst Rektor in Münster, wo er Bürgerliches Recht gelehrt hatte, dann, ab 1974, Präsident der Westdeutschen Rektorenkonferenz. So war er Außenseiter, als er 1977 überraschend an die Spitze der Stiftung gewählt wurde. Aber Knopp hat die Umstände seiner Berufung so rasch und überzeugend hinter seiner Amtsführung verschwinden lassen, dass die schwierige Geburt bald nur noch als Anektode erinnert wurde. In einundzwanzig Jahren wurde er zur Verkörperung der sensiblen Führung einer wahrhaft empfindlichen Institution.

Diese hohe Kunst erfuhr ihre Bewährungsprobe als nach dem Mauerfall die Ost-Berliner Sammlungen in die Stiftung zu überführen waren. Die Vereinigung der Museen in der Mitte Berlins, die sich auf die bedeutenden Architekturen der preußischen Museumslandschaft stützen konnten, von Museumsinsel, Staatsbibliothek Unter den Linden, Altes Museum, mit denen West-Berlins - es war eine fast ebenso schwere Aufgabe wie die Vereinigung der beiden Armeen unter Jörg Schönbohm. Werner Knopp hat diese Aufgabe auf eine unauffällige, aber auch elegante Weise gelöst, in Knoppscher Manier eben.

Die Ostberliner und Westberliner Generaldirektoren arbeiteten nach der Wende reibungslos zusammen, und welches Verdienst der Präsident daran hatte, war nur den Eingeweihten deutlich. Wahrscheinlich ist die Zusammenführung der beiden Kunstsammlungen die nobelste Leistung Werner Knopps, und es kennzeichnet ihn, dass er nie viel Aufhebens davon machte.

Seine Bescheidenheit charakterisiert Werner Knopp, den überzeugten Braunschweiger, der zum Berliner geworden ist, in jedem Betracht, und erst im Nachhinein wird man ganz deutlich sehen, welche Leistung darin verborgen war. - An diesem Mittwoch wird Werner Knopp siebzig Jahre alt.

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