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Happytears

© Berlinale

Wettbewerb: Blut, Sch(w)eiß und Tränen

Hollywood entdeckt die Demenzkranken. Nach "Die Geschwister Savage" pflegen nun Demi Moore und Parker Posey ihren verwirrten Vater - in "Happy Tears“ von Mitchell Lichtenstein.

Wenn ein verwirrter alter Mann mit nacktem Oberkörper in seiner Küche sitzt, auf dem Tisch neben sich das vollgekotzte Hemd, und auf die Frage seiner Tochter, wie es ihm gehe, „gut“ antwortet, dann ist das bitter. Wenn er aber gleich darauf mit ausgebreiteten Armen wie ein Verdächtiger bei seiner Verhaftung an der Badezimmerwand lehnt, um abgeduscht zu werden, und „Ich bin nicht der, den Sie suchen“ versichert, dann ist das schon wieder ziemlich komisch. Hollywood hat erkannt, dass Altersdemenz das Potenzial für gute Filmstoffe besitzt. Wobei „Happy Tears“, Mitchell Lichtensteins Berlinale-Wettbewerbsbeitrag, ähnlich wie vor ihm schon der Independent-Erfolg „Die Geschwister Savage“ weniger von den merkwürdigen Leiden der Alten handelt als von den Kindern, die durch sie wieder zusammengeführt werden.

In diesem Fall sind das zwei ungleiche Töchter. Parker Posey spielt Jayne, die Tagträumen nachhängt, sich in San Francisco Stiefel für 2800 Dollar kauft und nach der Landung im eher grauen Pittsburgh mit ihrem Gepäck schnaufend die Treppe zum Haus des Vaters hoch stöckelt. Demi Moore als Laura, die ihr dabei spöttisch von der Tür aus zuschaut, ist von anderem Kaliber. Sie trägt Cargohosen und Birkenstock-Latschen, bei Sätzen wie „Ich putz nicht mehr seinen Arsch“ schwingt ein Kommandoton in ihrer Stimme mit.

Eine zerschlissene US-Flagge hängt vor dem Haus, das seine besseren Tage hinter sich hat. Jede Diele des knarzenden Gebäudes scheint Geräusche von sich zu geben. Der Vater (Rip Torn) hat eine Freundin, er nennt sie „Motherfucker“. Sie behauptet, Krankenschwester zu sein, ist aber bloß eine dosenbiertrinkende, Schecks fälschende Obdachlose, mehr Karikatur als wirkliche Figur, von Ellen Barkin mit verklebten Haaren verkörpert. Am liebsten sitzt Vater mit seiner Gitarre auf der Veranda und singt mit rauer Blues-Stimme „I’m a King Bee.“

„Happy Tears“ hat komische Momente, und eine Zeit lang macht es Spaß, dem Spiel von Demi Moore und Parker Posey zuzuschauen, ihren Kämpfen und Versöhnungen. Subtilität ist aber nicht die Sache von Regisseur Lichtenstein, er schickt seine Figuren durch komödienstadlhaft plumpe Standardsituationen. Familiengeheimnisse werden enthüllt und Jaynes Träume, in denen sich ein Verkäufer in ein Huhn verwandelt oder ihr Lover auf Staubkorngröße schrumpft, grell bebildert. Und dann begeben sich die Töchter im Garten mit einem Bagger auf Schatzsuche und finden ein Hundeskelett.

Mit jeder Viertelstunde wird der Film öder, und die traurigste Figur macht dabei Jaynes Freund Jackson (Christian Camargo). Er ist vor allem Sohn, Sohn eines berühmten, jetzt toten Malers, für dessen Werk er sich nun aufopfert. Einmal, nach einem Unfall, spritzt er sogar sein Blut auf eine vom Vater bemalte Leinwand, was gar nicht schlecht aussieht. Mitchell Lichtenstein ist Sohn des berühmten Malers Roy Lichtenstein. Autobiografisch soll „Happy Tears“ aber nicht sein. Christian Schröder

12. 2., 12 und 20.30 Uhr (Friedrichstadtpalast) sowie 17.30 Uhr (Urania). 15. 2., 18 Uhr (Friedrichstadtpalast)

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