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Kultur: "Where a Good Man Goes": Ewige Siesta

Der Mann Tobt. Gerade ist er mit dem Taxi vor dem "International Inn" vorgefahren, einen großen, braunen Briefumschlag in der Hand, da tritt er schon gegen das Auto und drischt auf den wütenden Fahrer und einen hinzugeeilten Kollegen ein.

Der Mann Tobt. Gerade ist er mit dem Taxi vor dem "International Inn" vorgefahren, einen großen, braunen Briefumschlag in der Hand, da tritt er schon gegen das Auto und drischt auf den wütenden Fahrer und einen hinzugeeilten Kollegen ein. Brüllend und blutend betritt er schließlich das kleine Hotel und lässt sich von der Besitzerin Lin ein Zimmer zuweisen, Essen machen, Zigaretten holen. Jeglicher Widerspruch ihrerseits wird durch weiteres Geschrei erstickt.

Bald aber beruhigt sich dieser Mann. Eigentlich will er sowieso nur endlich Ruhe. Eine schöne Montagesequenz zeigt aus der Vogelperspektive, wie Lin Tag für Tag sein Zimmer aufräumt: Sie macht das Bett, sammelt die herumliegenden Kleidungsstücke ein, rückt Möbelstücke, Aschenbecher und Zigarettenschachteln zurecht, schließt Schubladen. Wenn sie fertig ist, fällt gedämpftes, staubiges Mittagssonnenlicht durch die Jalousien. Wie geschaffen scheint dieser Raum nun für eine ewige Siesta. Nichts erinnert an das Provisorische von Gangsterverstecken.

Johnnie To, einer der produktivsten Hongkong-Regisseure, inszenierte diese Geschichte des frisch aus dem Gefängnis entlassenen Gangsters Michael. Schauplatz ist die ehemaligen portugiesischen Kronkolonie Macao, ein berüchtigtes Spielerparadies, das im Dezember 1999 an China zurückgegeben wurde. In dem kurz zuvor gedrehten Film ist Portugal noch überall präsent: nicht nur in der morbiden, aber überwältigend schönen Kolonialarchitektur, sondern auch in den zweisprachigen Beschriftungen und in dem verglichen mit Hongkong gemächlicheren Lebenstempo.

So wird Michael, der sich immer mehr für seine verwitwete Vermieterin und ihren kleinen Sohn Tony interessiert, am Ende des Films ganz sein Rasen aufgeben. Einstweilen jedoch scheint er sich das allmählich zum Vorbild Hongkong aufschließende Macao durch Geschwindigkeit und Lautstärke zurückzuerobern, denn noch gilt es, alte Rechnungen zu begleichen und ehemalige Widersacher in ihre Schranken zu weisen.

Ein bisschen wie Robert Mitchum in Josef von Sternbergs "Macao" (1951) irrt jetzt Hongkong-Star Lau Ching-Wan durchs Nachtleben eines Ortes, der noch immer voller dekorativ verrauchter Lokale zu sein scheint. Johnnie To beschwört Mythen der Vergangenheit - er zeigt Macao, aber viel mehr meint er vielleicht Hongkong.

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