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Kultur: Wie ein Sturmwind

Die Musiker um Hansjörg Schellenberger spielen ihren Haydn stets aufs neue mit soviel Entdeckerfreude, soviel beunruhigendem Ausdrucksgestus und explosivem Kontrastreichtum, daß man meint, Erstaufführungen zu erleben.Gleich die taufrische Numero 17 - die wundervolle Haydn-Sinfonik im reizvollen Status nascendi - wurde vom Haydn-Ensemble mit pfiffiger Brillanz und scharfen deklamatorischen Akzenten präsentiert.

Die Musiker um Hansjörg Schellenberger spielen ihren Haydn stets aufs neue mit soviel Entdeckerfreude, soviel beunruhigendem Ausdrucksgestus und explosivem Kontrastreichtum, daß man meint, Erstaufführungen zu erleben.Gleich die taufrische Numero 17 - die wundervolle Haydn-Sinfonik im reizvollen Status nascendi - wurde vom Haydn-Ensemble mit pfiffiger Brillanz und scharfen deklamatorischen Akzenten präsentiert.Da fegte im ersten wie im letzten Allegro ein kleiner dramatischer Sturmwind über die Bühne, was bei der 15köpfigen Besetzung nach Art des Haydnschen Eszterházy-Orchesters schon ein kleines Klangereignis bedeutet.Auch wenn bei einem solchen Ad-hoc-Ensemble eine ganz schallplattenreife Ausbalancierung des Gesamtklanges nicht erreicht wird, der Zugriff der drei lückenlos agierenden ersten Violinen wie der beiden Oboen ist jedenfalls von bissiger Intensität getragen.

Der experimentierfreudigen Musik Haydns stand an diesem Abend unter dem Motto "Haydn-Kontraste" die auf ihre Weise nicht minder experimentierfreudige, so feinspürige wie finessenreiche Musik Benjamin Brittens gegenüber: Die "Lachrymae" für Viola und Streicher - "Reflections on a song of Dowland".Das sind zunächst ganz nach innen gekehrte, fast philosophisch stille Reflexionen über den Dowland-Song aus dem 16.Jahrhundert.Sie erwiesen sich auch diesmal als ein leise durch den Raum schwirrendes, schmerzlich zersplittertes "Klagelied", das am Ende in milder Verklärung in den choralartigen Song von Dowland mündet.Yuri Bashmet hatte sie vor drei Jahren mit den Moskauer Solisten im Schauspielhaus sehr introvertiert, beinahe überdezent musiziert.Der mit wogender Eleganz hervortretende und das kleine Ensemble zu hervorragender Homogenität anspornende philharmonische Solobratscher Wolfram Christ kostete diesen Britten nunmehr bis zur Neige aus.Und zwar mit einem fast mozartisch schwerelosen und zugleich erstaunlich lichtstarken Bratschenspiel, das sich zu einer immer fesselnderen Expressivität steigerte.Eine auch klangpsychologisch reich aufgefächerte, glänzende Leistung, die mit Bravorufen bedacht wurde.

ECKART SCHWINGER

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