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Kultur: "Wie es euch gefällt": Staatstheater Cottbus inszeniert Shakespeare - Wild, wirr und wunderbar

Ganz still liegen die Menschen, hin gelagert unter einem großen Tuch auf leerer Bühne, bis sie aufgedeckt und ins Traumspiel des Lebens und der Liebe geschleudert werden. Dann aber purzeln und stolpern sie, sie taumeln und stürzen: In Alejandro Quintanas Inszenierung von Shakespeares "Wie es euch gefällt" bestimmt die innere Unsicherheit von Menschen einer Umbruchszeit alle ihre Bewegungen.

Ganz still liegen die Menschen, hin gelagert unter einem großen Tuch auf leerer Bühne, bis sie aufgedeckt und ins Traumspiel des Lebens und der Liebe geschleudert werden. Dann aber purzeln und stolpern sie, sie taumeln und stürzen: In Alejandro Quintanas Inszenierung von Shakespeares "Wie es euch gefällt" bestimmt die innere Unsicherheit von Menschen einer Umbruchszeit alle ihre Bewegungen.

Ein Herzog hat seinen Bruder mit Gewalt vom Thron verjagt, und ein erstgeborener Adliger will seinen jüngeren Bruder um dessen Rechte und Leben bringen. In einer Welt der Unsicherheiten, in der die Menschen wie schwarze Schatten mit angstvoll staunenden, schwarz geränderten Augen im weiß geschminkten Gesicht zwischen schraffierten, schrägen Wandblöcken leben, halten die Töchter der feindlichen Herzöge an ihrer Freundschaft fest.Doch dann müssen die beiden zum Verwechseln ähnlich gekleideten Frauen vom Hof flüchten. Der Fluchtort Ardenner Wald ist allerdings keine von Feen belebte und beherrschte Natur wie der Wald im "Sommernachtstraum", sondern er ist in Cottbus ein deutlich von Menschen gemachter, künstlicher Sehnsuchtsort. Hierher hat sich auch der ins unschuldige weiß gekleidete gute Herzog geflüchtet, das Gesicht unterm üppigen königlichen Federschmuck bunt bemalt.

Der Weg in den tiefen Wald führt die Menschen zu sich selbst. Quintana treibt dieAkteure in die wildesten, Geschlechter Grenzen überspringenden Liebesspiele. Auf die Spitze kommt das erotische Verwirrspiel in der Figur der Rosalind. Corinna Breite gibt das Mädchen, das in Männerkleidern als Ganymed (!) den sie als Frau liebenden Orlando (frisch und direkt: Kai Börner) dazu bringt, sie als ein Rosalind nur spielender Mann zu lieben, wunderschön als ein voller Lust und Staunen spielendes zwiegeschlechtliches Wesen.

Diese auch in ihrer dramaturgischen Einrichtung überaus überzeugende Inszenierung steht in mehrfacher Hinsicht für einen Umbruch und Neuanfang am Cottbusser Theater. Alejandro Quintana, nach zweijährigem Intermezzo am Volkstheater Rostock nach Cottbus zurückgekehrt, hat mit seiner Inszenierung einen Paukenschlag geschafft. Dieses "Wie es euch gefällt" ist bunt und poetisch, derb und sensibel, heftig und leise. Die kräftige, leider manchmal etwas mutwillig witzelnde Übertragung von Thomas Brasch passt wunderbar zum klaren Körperspiel.

Einige langjährige Leistungsträger des Schauspiels verlassen mit Ende dieser Spielzeit Christoph Schroths Cottbusser Staatstheater, und viele junge Darsteller, darunter eine kleine Gruppe von der Rostocker Schauspielschule, wollen für neuen Schwung sorgen. Was ihnen bereits in dieser Inszenierung gelingt. Besonders fällt Michael Meister als der Narr Touchstone auf: Er stellt seine Figur mit grotesk-gewandtem Witz aus. Er spielt deren wahres Wesen und zugleich deren Wahrnehmungsebene virtuos ineinander.

Hartmut Krug

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