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Kultur: Wilde Insel

Ein Geburtstagskonzert für Benjamin Britten.

Peter Pears war ein Tenor, dem die Nachwelt Kränze flicht. Denn untrennbar bleibt sein Name mit den zahlreichen Werken verbunden, die Benjamin Britten für ihn geschrieben hat. Die Opern, die Lieder. So ist dieses Britten-Jahr immer auch ein wenig ein Pears-Jahr.

Spitzenkräfte der Berliner Philharmoniker treffen mit Ian Bostridge zusammen, um den 100. Geburtstag des Komponisten im Kammermusiksaal zu feiern. Der britische Sänger ist heute in der erstaunlichen Pears-Nachfolge, die er mit Tenören wie Klaus Florian Vogt teilt, führend. Das bedeutet, dass er kein Nachahmer, sondern ein Interpret mit immenser eigener Vorstellungskraft ist. Allein die Farben seiner Stimme vom vibratolosen Ton bis zur affektgeladenen Wildheit huldigen dem, was an dieser Klangwelt als typisch englisch gilt: die Inselmusik als eigenartige Synthese, die von Purcell kommt, dem Orpheus Britannicus, und zu Verdi geht. Hier in „Still Falls Rain“ ist Bostridge ein anderer als in seiner „Winterreise“. Das Lamento auf einen Text von Edith Sitwell teilt er mit seinem getreuen Pianisten Julius Drake und dem melodiös phrasierenden Hornisten Stefan Dohr.

Zwei weitere Philharmoniker bezaubern solistisch: die Bratschistin Julia Gartemann in „Lachrymae“ mit Sensibilität für jede Note und der Oboist Jonathan Kelly als Pan und Narziss in den „Metamorphosen nach Ovid“. Eine Entdeckung ist die reiche Farbpalette des Opus 1 für Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott, Horn und Streichquintett, in der sich früh der Meister zeigt. Hölderlin auf Britisch in deutscher Sprache klingt in origineller Verfremdung bei Ian Bostridge: „Ach, der Menge gefällt, was auf den Marktplatz taugt.“ Und als das Publikum nach der nächtlichen Serenade Opus 31 kaum weichen will, weist der Sänger demonstrativ auf ein Notenheft: Dieser Beifall soll Britten gehören.Sybill Mahlke

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