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Kultur: Wildwasser

Israel zu Gast bei der Daimler Art Collection.

Wie ein rostiger Toter baumelt der Mann von der Decke. Eine große Skulptur am Strick, die Gänsehaut verursacht – obwohl Sigalit Landau sie aus Zuckerfasern und Fiberglas zusammengerührt hat. Daneben läuft in der Daimler Art Collection noch ein Video der aus Israel stammenden Künstlerin. „Mermaids“ (2011) erzählt von der Vergeblichkeit, Spuren im Sand zu hinterlassen, wenn das Meer immer wieder seine Wellen über den Strand schickt, den drei nackte Frauen zuvor mit Fingern und Nägeln bearbeitet haben.

Landau beherrscht beides: den poetischen Ausdruck mit künstlerischen Mitteln und die brutale Konfrontation mit politischen Themen. Was die Gegenüberstellung beider Arbeiten so spannend macht, ist ihr Anlass: Im Rahmen von „Privat/Corporate VII“ konfrontiert die Daimler Art Collection Gemälde, Skulpturen und Videos aus dem eigenen Besitz mit denen der Privatsammlung Doron Sebbag aus Tel Aviv. Natürlich sucht man sofort nach Unterschieden und fühlt sich partout bestätigt: Daimler gibt die ätherischen „Mermaids“, aus Tel Aviv kommt die so zerbrechlich wie geschunden wirkende Figur „Alatlai“ (2001).

Man würde gern fortfahren und seine Idee auch in der übrigen, überaus sehenswerten Schau bestätigt sehen. Dass nämlich das Leben in einer umkämpften Region ein Interesse an weit existenziellerer Kunst weckt als in hiesigen Breitengraden. Die These ist aber nicht zu halten. Weder John Bocks Video „Trecker“ noch das faszinierende Koprojekt „Notes“ von Michael Rovner und Philip Glass lässt sich in solch ein Schema pressen. Weit mehr zählen ästhetische Kategorien wie Körperlichkeit oder Entgrenzungen, die sich bei Robert Mapplethorpe, Wolfgang Tilmanns, Dash Snow oder Madeleine Boschan spiegeln. Wohl aber fällt auf, dass ein privater Sammler weit Radikaleres erwerben kann als eine Firmensammlung, die Rücksichten nehmen muss. Die eigentliche Spannung baut sich in der Zusammenschau beider Kollektionen auf. Christiane Meixner

Daimler Art Collection, Haus Huth, Alte Potsdamer Straße 5, bis 1. 4., tgl. 11-18 Uhr

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