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Kultur: Wir machen Party!

Der Babelsberger Filmhochschulabsolvent Martin Gypkens und „Wir“, seine leichthändige Studie über die Generation 20 plus

„Wir“: Der Filmtitel tönt nach programmatischem Bekenntnis zu Gruppenkonsens und Solidarität. Doch wie so oft bei allzu einladenden Etiketten ist auch hier Skepsis angesagt. Denn Martin Gypkens, 34-jähriger Absolvent der Babelsberger Filmhochschule, porträtiert seine zehn Protagonisten im Wir-um-zwanzig-Alter nach dem Schulabschluss mit weniger Selbstbestätigungszwang als viele seiner Zeitgenossen. Und auch innerhalb der locker aus ehemaligen westdeutschen Schulfreunden und Berliner Neubekanntschaften gefügten Clique kämpft im Ernstfall jeder für sich allein.

Gespielt werden die Zehn lässig präzis von Typen, die bisher eher aus Nebenrollen vertraut sind: Der schwule Fotograf Till, der sich mit Brustpiercing und smarter Scheinprofessionalität Coolness antrainiert.. Florian, der Nachzügler aus der Provinz, dessen Unbedarftheit ihm umso rücksichtsloseres Draufgängertum erlaubt. Judith, die von ihrem Ex nicht loskommt, auch wenn der es jetzt lieber mit Männern treibt und auf Verbindlichkeit pfeift. Oder Mitbewohnerin Anke, die jede Woche ihr Studienfach wechselt. Ein Reigen aus erhabenen Ansprüchen und schlichter Egozentrik – bis hin zum angehenden Filmemacher, der im Partytalk genialische Projekte vorträgt und daheim am Drehbuch für den Projektantrag zu scheitern droht.

Eine autobiografische Figur? Auch Martin Gypkens mag an seinem ersten Langspielfilm als Autor und Regisseur übel geschwitzt haben. Doch sein Film ist fertig geworden. Und viel mehr: Sein Buch zieht die narrativen Fäden leichthändig durch Abschiedspartys und Hausbesuche, nichtssagende Telefongespräche und harten Beziehungsknatsch. Und auch die im Berlin-Film mittlerweile genreübliche nächtlich-romantische Außenszene – hier auf den Schrägstreben am Fernsehturm – darf nicht fehlen. Die Charaktere sind dabei nur wie mit dem Buntstift anskizziert, was bei einer Panoramabreite von zehn Hauptfiguren nicht verwundert.

Aus solcher Entfernung gewinnt auch die Regie Freiheit und Distanz. Gypkens’ Stärke ist dabei der hingetuscht überspitzte Realismus des Situativen, die größte Schwäche des Films manche allzu billig gewaltsame dramatische Auflösung. Doch neben der Masse anderer deutscher Filme vom Erwachsenwerden ist „Wir“ ein funkelnder Lichtblick – auch weil er sich die ironische Brechung eigener Problematik erlaubt. Einen sich arg begnadet fühlenden Nachwuchsfilmer zum – glücklichen – Computerspiel-Tester zu degradieren: Das hat Größe.

Broadway, Central, FT Friedrichshain,

fsk und Xenon

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