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Kultur: Wir sind preiswerter

Die Bundeskunsthalle will regelmäßig in Berlin gastieren

Vor dem Alten Museum in Berlin bilden sich Schlangen von Besuchern, die die Ausstelllung „Schätze der Himmelssöhne“ sehen wollen. Organisiert wurde die Ausstellung von der Kunst und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn. Die Bundeskunsthalle ist Mitträger des Martin-Gropius-Baus, in dem zurzeit die „Azteken“-Ausstellung zu sehen ist, die im Anschluss an ihre Berliner Station nach Bonn geht. Wenzel Jacob (51) ist seit der Gründungsphase Ende der Achtzigerjahre bei der Bundeskunsthalle tätig. Er ist heute deren Intendant.

Herr Jacob, welche Rolle spielt Ihre Institution in Berlin, welche Rolle spielt der Gropius-Bau?

Das Problem des Gropius-Baus ist es, keinen eigenen Haushalt zu haben. Dieses Haus kann derzeit nur Programme aufnehmen, die anderweitig finanziert sind. Aus dieser Situation erwächst etwas, das man als Vielstimmigkeit bezeichnen könnte – oder auch als Beliebigkeit. Für uns als Bundeskunsthalle bietet der Gropius-Bau ab und zu die Gelegenheit, mit einem internationalen Thema aufzuwarten. Ein solcher Anlass muss dann aber durch den Bund oder, wie im Falle der China-Ausstellung, durch den Hauptstadtkulturfonds finanziert sein.

Hat dieses Finanzierungsmodell Zukunft?

Der Hauptstadtkulturfonds soll künftig für bundesfinanzierte Einrichungen nicht mehr zur Verfügung stehen. Damit blieben die Bundeskulturstiftung und die Kulturstiftung der Länder, die aber beide auch eigene Programme entwickeln.

Die China-Ausstellung findet nun ohnehin schon anderenorts statt, nämlich im Alten Museum der Staatlichen Museen Berlin.

Jede gute Ausstellung, die woanders stattfindet, tut dem Gropius-Bau weh.

Wie kommt es, dass Sie als Bundeskunsthalle diese Berliner Ausstellung organisieren?

Wir können sehr preiswert produzieren. Früher gab’s ja im Gropius-Bau keine Ausstellung für weniger als fünf Millionen Mark – wir machen heute die Berliner Station der China-Ausstellung für 500000 Euro. In Bonn produzieren wir generell sehr preiswert, weil wir über die Logistik verfügen. Die Bonner Gastspielkosten belaufen sich auf lediglich 760000 Euro.

Warum weist der Martin-GropiusBau noch immer keinen eigenen Haushalt auf?

Das liegt an dem Glauben der Kulturpolitiker, der Gropius-Bau könne von den Partnern nebenbei bespielt werden, die ihn gemeinsam tragen, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, der Bundeskunsthalle, den Berliner Festspielen, dem Deutschen Historischen Museum und dem Haus der Geschichte der Bundesrepublik in Bonn. Doch das DHM entfällt praktisch durch seinen Ausstellungsbau, den neu eröffneten Pei-Bau. Die Preußen-Stiftung verfügt über sehr wenige flüssige Mittel, und wenn Gelder da sind, müssen natürlich erst einmal die eigenen Wände bespielt werden. Insofern sehe ich Probleme, dass das ursprüngliche Konzept für den Gropius-Bau aufgeht, weil den Institutionen Mittel für große Vorhaben fehlen, wie sie der Gropius-Bau fordert.

Niemand hat bislang das Problem erkannt?

Der Bund ist sich darüber durchaus im Klaren, aber derzeit, wo überall gespart werden muss, ist eine ausreichende Finanzierung natürlich schwer durchzusetzen.

Wie versteht sich die Bundeskunsthalle an ihrem Bonner Sitz?

Die ursprüngliche Aufgabe war eine Ausstellungshalle am Sitz von Parlament und Regierung. Das ist vorbei. Deswegen nutzen wir die Möglichkeit, uns ab und zu in der Hauptstadt zu präsentieren. Das geht vielleicht ein bis zwei Mal im Jahr. Deswegen tragen wir auch den Löwenanteil der derzeitigen Kosten des Gropius-Baus. Für uns ist das allerdings eine Zusatzbelastung. Auf der anderen Seite ist unsere Tätigkeit eine sehr föderale. Wir versorgen ein Ballungsgebiet mit Kultur. Im vergangenen Jahr hatten wir bei sechs Ausstellungen und zahlreichen Veranstaltungen 1,3 Millionen Besucher.

Wie groß ist Ihr Etat?

Wir erhalten 15 Millionen Euro Bundeszuschuss, erwirtschaften aber darüber hinaus fünf Millionen Euro selbst. Die 20 Millionen Euro gehen vollständig in unser Programm.

Wie ist die Zusammenarbeit mit den Staatlichen Museen Berlin?

Die Ausstellungen, die wir bislang von Berlin übernommen haben, waren wahnsinnig schön, hatten jedoch nicht unseren üblichen Besucherzuspruch. Wir selbst arbeiten die Themen etwas stärker didaktisch auf. Wir versuchen, den kulturhistorischen Hintergrund zu beleuchten und setzen nicht ausschließlich die Schönheit eines Objekts in Szene. Dazu veröffentlichen wir Kataloge mit wissenschaftlichem Anspruch. Bei den vielen Ausstellungen, die wir produzieren, ist der Austausch mit den Staatlichen Museen sehr befruchtend – und für Berlin gut wegen der Etatentlastung und der Programmerweiterung. Und wir als Bundeseinrichtung haben gelegentlich einen Aufttritt am Sitz von Parlament und Regierung.

Das Gespräch führte Bernhard Schulz.

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