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Kultur: Wölbbrettzittern

An Versuchen, die Musiksprachen verschiedener Kulturen miteinander zu verschmelzen, besteht kein Mangel, doch gehen diese oft mit der Trivialisierung des Fremden einher.Zu den japanischen Komponisten der Gegenwart, denen die Symbiose von traditionellen Instrumenten, alten höfischen Formen und europäischer Musik gelingt, gehört der 92jährige Yoritsune Matsudaïra.

An Versuchen, die Musiksprachen verschiedener Kulturen miteinander zu verschmelzen, besteht kein Mangel, doch gehen diese oft mit der Trivialisierung des Fremden einher.Zu den japanischen Komponisten der Gegenwart, denen die Symbiose von traditionellen Instrumenten, alten höfischen Formen und europäischer Musik gelingt, gehört der 92jährige Yoritsune Matsudaïra.

In seiner kurzen und dicht gestalteten Solo-Oper "Genji Monogatari" (1997) verbinden besonders die beiden Tutti besetzten Zwischenspiele "Jo" weite Intervallsprünge und seriell zerklüftete Rhythmik mit den in Wellen verlaufenden Spannungsbögen des Gagaku.Im Hebbel-Theater ließ das Kammerensemble "Erwartung" unter der Leitung seines Gründers Bernard Desgraupes diese üppig orchestrierten Passagen leider etwas matt erscheinen, und die europäischen Instrumente im Graben (mit Rohrblattbläsern, Flöte, Harfe und Perkussion dem asiatischen Klangideal angelehnt) wirkten ungleich schwerfälliger als die Asiaten.Die in traditionelle Gewänder gekleideten Spielerinnen des japanischen Nationaltheaters hingegen erwiesen sich auf Wölbbrettzither (Koto) und Mundorgeln (Shô) als vorzügliche Musikerinnen.

Sein Libretto entnahm Matsudaïra dem um 1000 entstandenen Versepos "Genji Monogatari", in dem die Dichterin Shikibu Murasaki mit der Lebensgeschichte des Prinzen Genji einen asiatischen Peer Gynt schuf.In der Oper erscheint Genji einzig in der Reflexion der von ihm begehrten, geliebten und verlassenen Frauen, die Yumi Nara in großartiger Weise allein in ihrem Gesang vergegenwärtigte.Denn diese extrem reduzierte Inszenierung kommt fast ohne Requisiten und große Gesten aus.

Lust und Klage, Begehren und Enttäuschung liegen einzig in den weiten Melismen der Sopranistin.Angehauchte Klänge, knappe Vorschläge und präzise Glissandi stellt Yumi Nara in eindringlicher Schlichtheit den verschiedenen ihr sekundierenden Solo-Instrumenten entgegen.Was dem Europäer zunächst als Folge statischer Zustandsarien erscheinen mag, offenbart sich in der asiatischen Konzentration auf die klangliche Ausgestaltung des Einzeltons als kunstvolle Spiegelung wandelbarer Emotion.

Noch einmal heute im Hebbel-Theater 20 Uhr

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