Kultur: Word of Silence
Von Ryoko Sekiguchi
Wenn ich über das Geheimnis des „word
of silence“ sprechen möchte, lässt sich darüber zum Beispiel auf
Japanisch nichts ohne Umwege sagen. Unser wahrhaftiges
Wort. Hier geht es um ein Wort, das auf keinen Fall ausgesprochen
wird. Um ein Wort, das als Stimme, die die Luft in Schwingung
versetzt, nicht zu hören ist. Dieses Wort wird gelesen, weitergegeben,
lautlos, ohne etwas zu sagen, als etwas, von dem es
keine Aussprache gibt. Mit den Augen. So, als übertrage man es
von Auge zu Auge, setzt sich die Verbindung immer weiter fort.
Ohne die leiseste Berührung mit den Lippen und ohne irgendwo
in einen Körper hineinzuschlüpfen, kann es wie ein klares
Wort sein. Nur das Licht der Pupille saugt es ein. Mit den Augen.
Verbindet den Raum zwischen mir und uns. Weil das wahrhaftige
Wort nicht zu einem Laut wird, kann man es mit Sicherheit
mit den Augen sehen, deutlich erscheint seine Gestalt. Selbst
im Halbdunkel leuchtend, selbst bei heiterem Wetter ist dieses
vor Bedeutung funkelnde Wort ohne jegliche Klangfarbe, ohne
jegliche Melodie nach wie vor da. Auch wenn ich es Euch beibringen
möchte, dieses Wort, das sich mit einer Stimme nicht
sagen lässt, das vielleicht eher einer Zahl gleicht. Aber aussprechen
kann man es nicht: Word of Silence.
Aus dem Japanischen von Annelotte Piper
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