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Kultur: Wortbaumeister

Der Doyen der Architekturkritik, Ulrich Conrads, wird 80 Jahre alt

Dem Publikum eines Kolloquiums, das ihm die Technische Universität Cottbus vor einem Jahr anlässlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde ausgerichtet hat, dankte Conrads mit einem selbst verfassten Haiku: „Man gratuliere mir!/ Auch dieses Jahr noch/ haben die Mücken mich gestochen.“

Freilich bemüht sich Conrads seit nunmehr einem halben Jahrhundert, treffsicher zurückzustechen: als Chefredakteur der Fachzeitschrift „Bauwelt“ (1957-88), als Erfinder so unterschiedlicher Architekturperiodika wie der „Stadtbauwelt“ oder „Daidalos“, als Autor und Herausgeber zahlreicher Monographien und Kataloge. Hinzu kommt die langjährige Leitung des durch ihn angeregten „Deutschen Städtebaupreises“.

Wie keinem anderen deutschen Kritiker ist es ihm geglückt, zeitgenössische Architektur nicht nur publizistisch zu begleiten, sondern auch direkt zu beeinflussen. Berlin verdankt seinem Engagement gleich mehrere Monumente der Moderne: Conrads initiierte die Medienkampagnen, die maßgeblich dazu beitrugen, Hans Scharoun und Ludwig Mies van der Rohe als Baumeister des Kulturforums durchzusetzen.

Schon als Redakteur von „Baukunst und Werkform“ erlebte der Kunsthistoriker die Auseinandersetzung um die Moderne hautnah. Der Kölner Architekt Rudolf Schwarz hatte 1953 unter dem Titel „Bilde Künstler, rede nicht“ einen Frontalangriff auf den wortgewaltigen Emigranten Walter Gropius gestartet. Conrads veröffentlichte die Schlüsseldokumente der „Bauhausdebatte“ nochmals, in der vor genau vierzig Jahren von ihm begründeten Buchreihe „Bauwelt-Fundamente“. Conrads steht für einen Architekturbegriff, der die Human- und Kulturwissenschaften ernst nimmt. Im wahren Architekturbeobachter, so formuliert Conrads sein Credo, stecke stets auch „ein Pädagoge in angewandter Politik“. Ulrich Conrads, der in Berlin lebt, feiert heute seinen 80. Geburtstag.

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