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Kultur: Wuchtbrumme

„Die Rixdorfer Perlen“ im Heimathafen Neukölln

Kann sich eine Frau im Dunkeln alleine auf die Karl-Marx-Straße in Neukölln wagen? Die Vizebürgermeisterin des Bezirks hat diesbezüglich, ein paar Monate ist es her, ihre schlagzeilenträchtigen Zweifel angemeldet. Der Bardame Marianne fiele das nächtliche Flanieren auf der übelbeleumdeten Schnäppchenmeile ebenfalls nicht im Traum ein, wenngleich aus anderen Gründen: „Ein normaler Mensch arbeitet schließlich nachts!“ Marianne, die patente Schankmeisterin im Leoparden-Schick, wird von Britta Steffenhagen gespielt, ihres Zeichens Mitglied des Volkstheater-Kollektivs Heimathafen Neukölln, das im wunderschön renovierten Saalbau an der Karl-Marx- Straße unter anderem mit dem Anspruch angetreten ist, finstere Kiez-Klischees auf die Schippe zu nehmen und die Tradition der berlinischen Mundart Rixdorfer Prägung zu beleben.

Wie glänzend das aufgehen kann, zeigt ihre jüngste Produktion „Die Rixdorfer Perlen“, die Fortentwicklung einer frühen Inszenierung des Frauen-Ensembles. „Eine rotzfreche Gassenhauer-Revue“ nennt sich der Abend im Untertitel, und damit ist das Programm bereits recht gut umrissen. Als Rahmenhandlung erzählt Regisseurin Julia von Schacky von der Eroberung eines Theatersaals durch drei furchtlose Frauen, neben Steffenhagens Wuchtbrumme Marianne sind das Inka Löwendorf als herrlich unverblümte Amüsierdame Jule und Johanna Morsch als furiose Feudel-Queen Mieze mit verborgenem Sopran-Talent. Die drei Prekariats-Grazien singen zu Bruno Franceschinis Klavierbegleitung Chansons der Zwanziger wie „Eine Weisse mit Schuss“ oder „Wegen Emil seine unanständige Lust“, trinken, parlieren, kalauern, was das Zeug hält – und schaffen eine zeitlos komische Stimmung. Toll! Patrick Wildermann

Wieder heute sowie am 26. und 29. Juni

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