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Kultur: Wunschkinder Musical-Uraufführung

an der Neuköllner Oper

Manchmal fehlt nur noch ein Kind zum Glück. Das glauben jedenfalls verhinderte Eltern. Und weil bei Frauen nach erfolgreicher Karriere die biologische Uhr tickt, muss das Wunschkind schnell her. Aber bei Kristin und Mark klappt es nicht wie geplant. Glücklicherweise hat sich die Firma „Childlike Creatures“ auf derartige Problemfälle spezialisiert. Hier werden Automatenkinder zusammengeschraubt und auf Elternliebe programmiert. Ein Riesen-Tamagotchi für Erwachsene, das nie an die Steckdose muss. Pino heißt das Spielzeug für Kristin und Mark, das wie Pinocchio durch sein Automatenleben stolpert.

In Peter Lunds Aktualisierung kommt der Stoff nicht ganz so moralisierend wie in Carlo Collodis Kinderbuchklassiker daher: Hier nimmt das Unheil seinen Lauf, als Pino seinen Papa mit einer Prostituierten erwischt. Weil Papa lieb zu der Frau ist und Pino fehlprogrammiert, hält Pino die Dame für seine Mama und liebt sie fortan seinerseits. Andreas Röder überzeugt als Maschinenmensch mit erwachenden Gefühlen so sehr, dass immer wieder ein Raunen durchs Publikum geht, wenn ihm übel mitgespielt wird und er mit großen Augen die Schlechtigkeit der Menschen registriert.

Mit der Uraufführung von „Kauf dir ein Kind“ präsentiert sich der UdK-Studiengang Musical/Show zum neunten Mal an der Neuköllner Oper. Beide Institutionen wollen nicht bloß amerikanische Musicals kopieren, sondern eine mitteleuropäische Variante entwickeln, angesiedelt zwischen Unterhaltungstheater und Sozialdrama. Regisseur und Librettist Lund arbeitete erneut mit dem Komponisten Thomas Zaufke zusammen. Der schrieb eine elegante Musik für Fünfmanncombo, die sich so sehr ins Zeug legt, dass die Sänger über Mikroports verstärkt werden müssen und manches Textdetail im Klangbrei verloren geht. Bei jedem hohen Ton flüchten sich die Männer ins Falsett. Dafür tanzen und springen sie hochprofessionell über den bühnenbreiten Tresen, aus dem bei Bedarf auch eine hässliche Couch ausgeklappt werden kann. Zwei Barhocker und eine Table-dancing- Stange machen die Bühne zum Nachtclub, mit Matratze und Jalousie wird sie zum Nachtlager der Prostituierten (Ausstattung: Daria Kornysheva).

Am leichtesten haben es die Frauen, für sie schreibt Peter Lund traditionell die dankbarsten Rollen. Jeannette Claßen empfiehlt als aasige Vertreterin von „Childlike Creatures“ dem Eltern, sie mögen bei den ersten Problemen Pino einfach liquidieren; er sei ja nichts anderes als ein teures Handy. Da ahnt man bereits, dass diese Frau kein Herz hat. Und richtig, auch sie eine Kreatur der Firma, die von Mark, charmant gespielt von Sebastian Smulders, auf Liebe umprogrammiert werden muss. Uwe Friedrich

wieder am 28. – 30.6., 1., 5. – 8.7., 20 Uhr

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