zum Hauptinhalt

Kultur: Yella Yella!

Die Traumwandlerin: ein Silberner Bär für Nina Hoss

Die Überraschung war echt – oder mindestens so brillant gespielt wie ihre Hauptrolle in Christian Petzolds „Yella“, für die Nina Hoss nun den Silbernen Bären bekommen hat. Einige lange Sekunden sitzt sie wie versteinert auf ihrem Platz im Berlinale-Palast, sieht ihren Nachbarn ratlos an, bevor sie sich auf den Weg auf die Bühne macht. „Ich war ganz, ganz sicher, dass Marianne Faithfull den Preis bekommen wird. Und ich hätte ihr ihn so gegönnt“, eröffnet sie ihre Dankesrede.

So bescheiden? Nachdem die 31-jährige Berliner Schauspielerin in den letzten Wochen mit Anerkennung, Lob und Preisen nur so überhäuft worden ist, angefangen mit dem Eysoldt-Ring für ihre Rolle der Medea am Deutschen Theater Berlin. „Jetzt ist aber mal gut mit der Bescheidenheit“, hat sie selbst gerade öffentlich bekannt. Und die Berlinale-Jury gibt ihr Recht.

Bodenständig ist sie geblieben, diese Frau, der die Natur alles zum Glamour, zum großen Auftritt mitgegeben hat, die hochgewachsene Gestalt, die üppig blonden Locken, den großzügig breiten Mund – und natürlich ihr überragendes Talent. Keine kann so strahlend lächeln und aus blauen Augen blitzen wie sie, keine so unglaublich charmant und verschmitzt in die Kamera blicken. Sie ist umlagert am Roten Teppich, wenn der Wind ihre Locken durcheinanderwirbelt. Doch so gewagt die Kleider auch sein mögen, etwa das tief ausgeschnittene violette zur „Yella“-Premiere, oder auch das goldglitzernde zur Abschlussgala: Nina Hoss ist nicht einfach sexy. Nein, sie ist bildschön.

Und hat doch auch den Mut zur Hässlichkeit. Yella, die Wirtschaftsfachfrau aus Wittenberge, die in Hannover einen neuen Job, ein neues Leben, eine neue Beziehung beginnt – das ist eine Rolle, wie Nina Hoss sie gern spielt. Streng nach hinten gekämmtes, dunkel gefärbtes Haar, blasses, angespanntes Gesicht: Nicht unbedingt eine Sympathieträgerin, diese Yella. Sie kann eiskalt handeln, berechnend, grausam – aus Liebe.

Ehrlich und entschlossen – so ist Nina Hoss. Vor allem aber ist sie ernsthaft, und auf eine wohltuende Weise sachlich. Persönliches, gar Indiskretes von ihr im Interview erfahren zu wollen: fast unmöglich. Nina Hoss spricht klug und bedacht über ihre Arbeit, über die wiederholte Filmarbeit mit Christian Petzold zum Beispiel und über ihr Selbstvertrauen als Schauspielerin. Auf alle privaten Fragen sagt sie dagegen entschieden: „Nein“.

Die private Nina – ihre Jugend als Tochter des Mitbegründers der Grünen, Willi Hoss, oder auch ihre heutige Beziehung zu einem Londoner Musikproduzenten – erwähnt sie nicht. Auf der Straße oder im Bus würde sie nicht unbedingt als Star wiedererkannt, sie gehe auch nicht so gern auf Prominenten-Parties, lieber zu Freunden zum Essen, hat sie erzählt. Dass der Erfolg sie nicht verderben kann, glaubt man sofort. Und auch, dass sie selbst ihre kritischste Kritikerin ist.

Am Tag vor der Preisverleihung hat sie in einem Zeitungsinterview bekannt: „Ich rechne immer auch damit, dass alles ganz schnell wieder vorbei sein kann.“ Im Moment kann man sich kaum vorstellen, dass die Erfolggeschichte der Nina Hoss anders als immer strahlender weitergeht.

Christina Tilmann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false