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Greift nach den Sternen: der junge Trompeter Tamás Pálfalvi.

© MUTESOUVENIR / KAI BIENERT

Young Euro Classic: Nach den Sternen greifen

Ein elektrischer Abend: Die „Special Night 2“ beim Young Euro Classic Festival, mit Tanz, Gesang und einer Neukomposition von Sinem Altan.

Die „Special Night 2“ beim Festival Young Euro Classic im Konzerthaus am Gendarmenmarkt trägt nicht umsonst den Untertitel „Solo für Himmelsstürmer“. Gleich zu Beginn dieses eklektischen Abends greifen zwei nach den Sternen: Der junge Geiger Matthias Well spielt mit seiner Schwester Maria am Cello die Passacaglia von Johan Halvorsen – exakt, gefühlvoll und beschwingt. Eine spleenige Händel-Exegese, die einen auf der Stelle in Bann zieht. Im Modus der Schockstarre geht es weiter: Der junge Trompeter Tamás Pálfalvi zeigt Mut, indem er sich an ein Solostück des Ungarn László Dubrovay (1982-1976) herantraut, ein kurzes, schräges, verstörendes Werk. Erst meint man, eine herrische Fanfare zu hören, dann klingt es im Gegenteil nach einem musikalischen Nervenzusammenbruch.

Das Klarinettentrio von Wolfram Wagner mit Vera Karner an der Klarinette, Maciej Skarbek am Flügel und Dominik Wagner am Kontrabass, dem Sohn des Wiener Komponisten, ist ein Balanceakt der Tonalität. Der Komponist hatte das Stück, das im Konzerthaus seine deutsche Erstaufführung erlebt, 2016 eigens für seinen Sohn komponiert, der sich über mangelnde Trio-Literatur beklagte.

Deutscher Wald und Istanbuler Kaffeehaus

Nach der Pause dann der große Auftritt des Ensemble Olivinn, angeführt von der jungen Komponistin Sinem Altan (Jahrgang 1985) am Flügel. Die vier Musiker haben es sich zum Ziel gesetzt, anatolische Volksklänge mit europäischer Klassik zu verschmelzen. Dies gelingt mit einer Zusammenführung von Schuberts „Wegweiser“ und dem türkischen Volksstück „Uzun Ince“, einer Symbiose aus der Einsamkeit eines deutschen Waldes und der Melancholie eines Istanbuler Kaffeehauses. Besonders beeindruckend Begüm Tüzemens feiner Sopran. Ob nun die balkanesische Emphase eines Goran Bregovic oder der romantische Schmelz eines Franz Lehár: Die 1983 in Istanbul geborene Sängerin weiß nicht nur stimmlich zu überzeugen, sondern begeistert auch mit grazilen Tanzbewegungen.

Zum Abschluss folgt noch ein Schmankerl: Sämtliche Musiker des Abends kommen zur Uraufführung von Sinem Altans Neukomposition „Lose it“ zusammen. Die effektvoll rhythmisierten Klangeskapaden sollen jede Art von Seelenballast vertreiben. Und es funktioniert! Die Zuhörer bedanken sich mit frenetischem Applaus.

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