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Young Euro Classic: Panflöte, Hackbrett, Maultrommel

Ausgelassenheit verbreitet schon der Eröffnungsabend von Young Euro Classic im Konzerthaus; immerhin feiert das Jugendorchester-Festival in diesem Sommer seinen 10. Geburtstag.

Draußen auf dem Gendarmenmarkt sind die Vorbereitungen für ein Feuerwerk getroffen, das nach Konzertende gezündet wird. Klaus Wowereit, Schirmherr des Festivals, stellt klar, dass Young Euro Classic erheblich zur Attraktivität Berlins beitrage, nach wie vor „the place to be“. Außenminister Frank-Walter Steinmeier, Pate des Abends, übermittelt Grüße über Staatsminister Gernot Erler.

Das schönste Geburtstagsgeschenk aber machen sich die Veranstalter selbst, Gabriele Minz, die die Gesamtleitung innehat, Willi Steul, Vorsitzender des Trägervereins, sowie der künstlerische Leiter Dieter Rexroth – mit dem Programm. Erstens wird nichts weniger als Beethovens Neunte geboten, mit dem Tokioter Geidai Symphonieorchester unter Ken Takaseki und den Berliner Chören Cantus Domus und Ensemberlino sowie einem beruhigend sicher auftretenden Solistenquartett, das mit Shoko Iwashita, Eiko Koizumi, Michael Zabanoff und Alban Lenzen ebenfalls deutsch-japanisch besetzt ist.

Keine Nummer zu groß ist die Neunte für das Orchester, das mit umfangreicher Streicherbesetzung und gedoppelten Bläsern angereist ist. Takeseki führt hurtig, ja unpathetisch durch das Werk und kann im Finale auf Chöre zurückgreifen, die die Schärfen und Höhen der Gesangslinien mit Elan und heiterer Überlegenheit nehmen (Einstudierung: Matthias Stoffels, Tobias Walenciak, Ralf Sochaczewsky).

Zweitens gerät die erste Konzerthälfte beinahe noch eindrucksvoller. Unter dem Motto „Solo für Außenseiter“ stellt sie dem weltumspannenden Impetus einige Kostproben Weltmusik entgegen. Nacheinander treten ins Rund der bereits für das Orchester bestuhlten Bühne: der Djembe- Spieler Adam Gallina, der seinen halbkugelförmigen Instrumenten mit verhuschten Handbewegungen glockige Klänge entlockt. Dietmar Jarofke und Gerhard Zweig, die an Drehorgeln stehen, zum Beispiel einer mit Linckes „Berliner Luft“. Der 14-jährige Nurullah Ejder, der die türkische Zither spielt, und das ganz schön lässig. Kathrin Gass (mit Hans-Günther Kölz am Klavier), die zeigt, wie flinke, herb getönte Melodien auf der Mundharmonika klingen. Aydar Gaynullin und Yvonne Grünwald, die virtuos beweisen, dass sich mit dem russischen und französischen Akkordeon nicht nur Atemzüge, sondern auch Erwartungen durchkreuzen, dehnen und quetschen lassen. Mona Li, die an Guzheng und Yangqin sitzt und vor allem das chinesische Hackbrett überraschend europäisch tönen lässt, Helmut Hauskeller an der Panflöte, Sven „Roxi“ Otto mit einer geradezu elektronisch dröhnenden Maultrommel, Sebastian Kunzke (Sousaphon) mit seiner Band. Sie alle führen vor, was Musik bedeuten kann, abseits von Konzertsaal und Verschriftlichung: ein aufsehenerregend lebendiger Auftakt für ein Festival, das sich selbstbewusst und vielleicht sogar zu Recht „Das Festival der besten Jugendorchester der Welt“ nennt. Christiane Tewinkel

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