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Kultur: Zauberhaft!

Daniele Gatti und die Berliner Philharmoniker.

„Man hört Siegfrieds Horn aus der Tiefe“, so heißt es in der Partitur. Denn er verlässt Brünnhilde, die Geliebte, und tritt seine Rheinfahrt an. Daniele Gatti eröffnet ein apart gekoppeltes Programm der Berliner Philharmoniker mit den rein instrumentalen Teilen der „Götterdämmerung“. Der Mailänder, jüngst zum Chefdirigenten des Concertgebouw-Orkest ab 2016 berufen, hat sich in seiner vielseitigen Laufbahn auch als Wagnerianer mit Bayreuth-Erfahrung erwiesen.

Siegfrieds Hornruf obliegt an diesem Abend Maria Rubio Navarro, Solohornistin des Sinfonieorchesters Valencia, die vom Podium abgeht, um den Ruf von draußen in lieblicher Souveränität in die Philharmonie klingen zu lassen. Dem Gast gebührt der Blumenstrauß aus den Händen des Dirigenten am Konzertende.

Obwohl das Musikdrama Wagners nicht zum alltäglichen Umgang des Orchesters zählt, was die „Morgendämmerung“ noch spüren lässt, entfaltet der Trauermarsch seinen Beziehungszauber, den der Leitmotiviker Thomas Mann so liebte: die Musik der geschwisterlichen Eltern, das Schwert, Siegfrieds eigenes Motiv, sein Hornruf in heldischer Vergrößerung, die majestätische Tiefe des Rheines. Diese „Gefühlswegweiser“ des Komponisten werden zu plastischen Bildern, weil Gatti sie mit gespannter Musikalität und Betonung beredter Pausen dirigiert.

Die Haydn-Variationen von Brahms über den Chorale St. Antoni, den Brahms für ein Thema von Haydn hielt, werden in ihren Temporelationen nahezu dramatisch differenziert – von den modellierten Bögen der Andante-Variation zum akkuraten Vivace der fünften, vom Grazioso mit dem Gesang der Bratschen und Flöte zu den leise und presto sprudelnden Achteln der achten Variation.

Immer engagierter lassen die Philharmoniker sich auf den Dirigenten ein, so dass die „Drei Orchesterstücke“ Opus 6 von Alban Berg zum Höhepunkt des Abends werden: Das sind „Präludium“, „Reigen“ und vor allem „Marsch“, die bei Mahler (Hammerschläge, Sehnsucht) anknüpfen und auf „Wozzeck“ deuten.

Seinem italienischen Wesen gemäß neigt Daniele Gatti zum Singen. Die flexible Kantabilität seiner Berg-Interpretationen führt dazu, dass das wienerische Idiom der Musik leidenschaftlich betont wird. Sybill Mahlke

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