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Kultur: Zeichen und Wunder

Es grenzt ja schon an Wunder, dass die noch vor wenigen Monaten kultivierten Zweifel, ob das Humboldt-Forum im Schloss wirklich gebaut würde, allmählich verschwinden. Es hat sich erwiesen, dass die Leere inmitten der Mitte ein solches Projekt förmlich erzwingt.

Es grenzt ja schon an Wunder, dass die noch vor wenigen Monaten kultivierten Zweifel, ob das Humboldt-Forum im Schloss wirklich gebaut würde, allmählich verschwinden. Es hat sich erwiesen, dass die Leere inmitten der Mitte ein solches Projekt förmlich erzwingt. Die wahren Zeichen und Wunder ereignen sich aber in der unmittelbaren Nachbarschaft. Schon jetzt lassen sie den Geist dieses Projekts erahnen, das es wagt, die Namen der beiden großen Humboldt-Brüder zu tragen.

Das „Zeichen“ ist das Bet- und Lehrhaus auf dem Platz der ehemaligen Petrikirche, einen Steinwurf vom künftigen Humboldt-Forum entfernt. Dort entsteht, weltweit einmalig, ein Haus der drei großen monotheistischen Religionen, in dem Christen, Muslime und Juden gemeinsam ihren Glauben leben und zeigen. Das Haus wird dort stehen, wo die Petrikirche nach dem Krieg wegen der in Berlins Mitte vorherrschenden DDR-Staatsräson verschwinden musste. In seltener Einigkeit ist nun die Entscheidung über die angemessene Architektur für das Bet- und Lehrhaus gefallen.

Das „Wunder“ wiederum ist die Einrichtung der Barenboim-Said-Orchesterakademie im ehemaligen Magazingebäude der Staatsoper ab 2015. Welch eine Auszeichnung für Berlin, Gastgeber dieser höchst konkreten Initiative zur Versöhnung von Israelis und Palästinensern, von Juden und Arabern zu sein! Welche Bereicherung und Ermutigung auch angesichts der anhaltenden öffentlichen Ratlosigkeit über die Rolle, die Mission der Mitte unserer Stadt.

Kleine Wunder gibt es auch: Die Kunsthalle der Deutschen Bank wird künftig internationale Künstler an das obere Ende der Linden einladen. Sie werden Boten ihrer Gesellschaften, ihrer Kulturen sein. Und ein international erfahrener Galerist wagt sich in das „Galgenhaus“ der Brüderstraße, auf halber Strecke zwischen Schlossplatz und Petrikirche. Obwohl gleich daneben ein stählerner Zaun immer noch die Brüderstraße kappt – als Schutz für den kleinbürgerlichen Garten des ehemaligen Staatsratsgebäudes.

Zeichen und Wunder: Die Saat des Humboldt-Forums in der Mitte der Hauptstadt geht auf, lange bevor das Forum selbst Früchte tragen kann. Aber wie verheißungsvoll ist das Versprechen, das mit dem Namen Humboldt verbunden ist! Das Versprechen eines Ortes für die Verständigung der Kulturen der Welt, für ihren Austausch, ihre gemeinsame Beteiligung an den Zukunftsfragen unserer Welt – es scheint schon heute zu wirken. Daraus erwächst aber auch die Verpflichtung, dieses Projekt mit seinem nach vorn gerichteten Auftrag ohne Abstriche zu entwickeln und zu formen. Das wäre das eigentliche, das große Wunder in der Mitte Berlins.

Volker Hassemer ist Vorsitzender der Stiftung Zukunft Berlin. In den 80er und 90er Jahren war er Kultur- und Stadtentwicklungssenator in der Landesregierung.

Volker Hassemer freut sich über Neuigkeiten aus der Mitte Berlins

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