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Kultur: Zeit der Steine

Eine

von Rüdiger Schaper

Amerika hat gewählt. Entschieden wieder auf der sicheren Seite – und ganz bei sich selbst. Hören wir mal kurz hinein in die Siegeshymne: „How does it feel/To be on your own . . .“?

Für eine Sonderausgabe des „Rolling Stone“, die heute in den USA erscheint, kürten Musiker und Schriftsteller die „500 Greatest Songs of all Time“. Immer wieder ein beliebtes Spiel. Und der Beweis, dass Rock und Pop das Stadium der Klassik erreicht haben. Oder soll man sagen: die Steinzeit? Hören wir weiter: „Now you don’t talk so loud/Now you don’t seem so proud . . .“.

Auf den amerikanischen Präsidenten kann der Song nicht gemünzt sein. Diese Verse sind ein bisschen älter, ein 24-Jähriger schrieb sie im Jahre 1965, als er so richtig fertig war mit sich und der Welt, mit seiner Musik und dem Business. Es war damals eine Befreiung, „ein langes Auskotzen“, so der Meister selbst: „Ich hatte vorher noch nie so etwas geschrieben,und mir wurde plötzlich klar: Das war es, was ich tun wollte.“

Lassen wir den großartigsten Katzenjammer aller Zeiten aus dem Sack: Bob Dylan hat die Wahl des „Rolling Stone“, der wichtigsten Pop-Zeitschrift, gewonnen. Bob Dylan mit, nomen est omen, „Like a Rolling Stone“. Auf dem zweiten Platz, wer sonst, die Rolling Stones mit „Satisfaction“. Platz drei , was läge näher, für die Temptations mit „Papa was a Rolling Stone“? Nein, hier kommt – noch nicht die Beatles, die liegen mit „Hey Jude“ auf Platz acht – John Lennon mit „Imagine“. Dylan, die Beatles und die Rolling Stones besetzen zusammen nicht weniger als 117 der 500 „besten Songs aller Zeiten“. Die Auswahl umschließt fünfzig Jahre. Für die Rockmusik ist das in der Tat die Ewigkeit.

Vom Eingangsmotiv der Fünften heißt es, so habe das Schicksal bei Beethoven an die Tür geklopft. Auch Dylan hatte Helfer, als er in einer schweren Krise „Like a Rolling Stone“ komponierte. Die Geschichte mit dem rollenden Stein stammt aus Hank Williams’ „Lost Highway“, die Refrainstruktur von Richie Valens’ „La Bamba“. Amerika hat gewählt. Erneut ein klares Votum für den Blues.

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