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Die Lautten Compagney

© I. Zenna/Konzerthaus

"Zeitfenster"-Festival: Wer ist vorn?

Wolfgang Katschner und die Lautten Compagney bieten zum Auftakt des „Zeitfenster“-Festivals im Konzerthaus eine fesselnde Aufführung von Claudio Monteverdis "Vespro della Beata Vergine".

Was heißt es eigentlich, musikalisch der Masse vorauszureiten? Das „Zeitfenster“, die Biennale für Alte Musik im Konzerthaus, wirft einen Blick auf die Avantgarde von vorgestern. Bis zum 6. April wird rund um den 300. Geburtstag des empfindsamen Carl Philipp Emanuel Bach nach zukunftsweisenden Zubereitungstechniken und kühnen Klangmixturen gefahndet. Für einen prachtvollen Auftakt geht die Lautten Compagney unter Wolfgang Katschner noch einen Schritt zurück: Monteverdis „Vespro della Beata Vergine“ erschien 1610. Es ist ein Werk, das weit über die liturgischen Anforderungen der Vespermusik hinausreicht, ein Werk der Selbstvergewisserung und des Aufbruchs. Claudio, il divino, war trotz seiner Erfolge ein schlecht behandelter, ausgebrannter Untertan der Herzoge von Mantua. Mit der Fanfare seines „Orfeo“ hatte er dem Haus Gonzaga eine Art musikalisches Wappen komponiert. In der Marienvesper taucht es zu Beginn wieder auf, als wolle Monteverdi hier richtigstellen, wem wahre Ehre gebührt. Der Wunsch, mit seiner geballten Erfindungskraft auch eine neue Stelle zu finden, sollte sich erst 1613 erfüllen, am Markusdom in Venedig.

Mit Raumklängen hat Monteverdi schon experimentiert, ehe er Musikchef von San Marco mit all seinen goldenen Emporen und Balkonen wurde, die Komponisten zu polyfonem Wagemut reizten. Auch Katschner, seine Musiker und Sänger (das zupackende Amarcord-Ensemble und trefflich besetzte Gäste) setzen in ihrer hochvirtuosen Aufführung szenische Akzente. Die sich steigernde Stimmfülle findet ihre Entsprechung in einer umfassenden Vereinnahmung des Konzerthaussaals, mit Klanggruppen in den Logen oder im Parkett.

Für zarte Echos von Stimme und Geige dringt sie sogar durch verschlossene Türen. Dabei gelingt es der beherzt federnden Lautten Compagney, nicht nur die klangliche Einheit zu wahren, sondern vor allem jenen Reichtum sinnlich erlebbar zu machen, den Monteverdi in Rückblick auf den harmonisch geschlossenen alten Stil und im Vorgriff mit kühner Deklamation schuf. Vorne ist, wenn sich die Fantasie befreit vom reinen Dienstschieben. Wenn auf den Burnout Unerschöpfliches folgt. Alleluja!

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