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Kultur: Zu § 2 Absatz 4 (Kommentar)

Gerade fünf Wochen ist Christoph Stölzl im Amt, da durfte Berlins neureifer Kultur- und Wissenschaftssenator zusammen mit Michael Naumann den "Hauptstadtkulturvertrag für das Jahr 2000" unterzeichnen. Es geht, wie gemeldet, um jene 80 Millionen Mark, die der Bund dem Land Berlin für seine beiden großen Opernhäuser, die Philharmoniker, das Konzerthaus am Gendarmenmarkt, das Deutsche Theater sowie das Haus der Kulturen der Welt und das Jüdische Museum zuschießt; hinzu kommen 20 Millionen zur Förderung kultureller Einzelprojekte aus dem Hauptstadtkulturfonds.

Gerade fünf Wochen ist Christoph Stölzl im Amt, da durfte Berlins neureifer Kultur- und Wissenschaftssenator zusammen mit Michael Naumann den "Hauptstadtkulturvertrag für das Jahr 2000" unterzeichnen. Es geht, wie gemeldet, um jene 80 Millionen Mark, die der Bund dem Land Berlin für seine beiden großen Opernhäuser, die Philharmoniker, das Konzerthaus am Gendarmenmarkt, das Deutsche Theater sowie das Haus der Kulturen der Welt und das Jüdische Museum zuschießt; hinzu kommen 20 Millionen zur Förderung kultureller Einzelprojekte aus dem Hauptstadtkulturfonds. Der Vertrag hat acht Paragraphen, und am Fuß der vierten Seite stehen die Unterschriften von Minister und Senator.

Doch es gibt noch eine fünfte Seite, und da wird es pikant. Wer nach den Signaturen umblättert, findet als "Protokollnotiz zu § 2 Absatz 4" den Satz: "Der Kulturplafonds im Landeshaushalt für das Jahr 2000 wird nicht unter dem des Haushaltsjahres 1999 liegen." Nun blättern wir zurück zu § 2 Absatz 4: "Das Land garantiert, dass die Mittel des Bundes ausschließlich der Kulturförderung zufließen." Dies heißt im Klartext: Der Berliner Senat muss im neuen Pakt mit dem Bund das vermeintlich Selbstverständliche - seine Vertragstreue - ausdrücklich zusichern. So gilt Berlin als Risikopartner, gleich einem vorbestraften Betrüger. Oft genug hatte Michael Naumann angesichts ungeklärter Schulden und Versprechungen im Erbe von Stölzls Vorvorgänger Peter Radunski den Verdacht geäußert, dass die Berliner Haushaltsführung doppelbödig sei.

Inzwischen herrscht immerhin neues Vertrauen: zwischen Staatsminister und Senator. Aber auch in der Kulturszene, unter Wissenschaftlern und in der eigenen Behörde hat sich Stölzl schnell fachlichen Respekt verschafft - immer kritischer wird dort das Intermezzo Christa Thoben beurteilt. Trotzdem hat Thobens plötzlicher Rücktritt die Krise der Kultur- und Wissenschaftsfinanzierung und mithin den Reformbedarf an Haupt und Gliedern evident gemacht. Der Schock war da, der Vorhang offen. Und alle Fragen sind es auch. Mit den längst eingeplanten 80 Bundes-Millionen wird bei den genannten sieben Instituten nur der laufende Betrieb für dieses Jahr gesichert. Es fehlt für das Jüdische Museum, die Topographie des Terrors und das Holocaust-Mahnmal weiterhin das gemeinsame Dach (des Bundes); es fehlt als Ergänzung oder Erweiterung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz eine Berlin entlastende Nationalstiftung, die einen Teil des in der Hauptstadt situierten Kulturerbes der untergegangenen Staaten Preußen und DDR übernähme. Hierzu müssten Stölzl und Naumann auch die Mitverantwortung der übrigen Bundesländer einwerben. Und die seit langem überfällige Reform des öffentlichen Dienstes im Kultur- und Wissenschaftsbereich: Sie wäre auch ein föderal-nationales Projekt. So braucht Stölzl jetzt Bundes- und Bündnispartner an allen Fronten.

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