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Der italienische Schauspieler Bud Spencer.

© Britta Pedersen/dpa

Zum Tod von Bud Spencer: Abschied von Plattfuß

Als fäusteschwingender Held spielte er sich in die Herzen von Millionen, seine Filme haben Kultstatus. Nun ist der italienische Schauspieler Bud Spencer im Alter von 86 Jahren gestorben.

Das wäre doch eine gute Quizfrage: Was haben Hans Rosenthal und Bud Spencer gemeinsam? Figürlich und beruflich nicht das Geringste, aber nach beiden hat man Schwimmbäder benannt. Der Showmaster wurde 2012 Namensstifter des Stadtbads Berlin-Schöneberg, in dem er einst mit Vorliebe untergetaucht war. Der neapolitanische Haudrauf dagegen erfuhr solche Ehre noch zu Lebzeiten, als 2011 der Gemeinderat von Schwäbisch Gmünd, angestiftet durch eine Art Volksentscheid, 2011 das örtliche Freibad nach ihm benannte. Dort hatte Bud Spencer, noch als italienischer Schwimmstar und unter dem bürgerlichen Namen Carlo Pedersoli, an einem Wettbewerb teilgenommen. Aber nicht die Erfolge im Wasser – 1950 schwamm er als erster Italiener die 100 Meter Freistil unter einer Minute, war wiederholt italienischer Meister und nahm an den Olympischen Spielen 1952 und 1956 teil – waren der Grund für die Namenspatronage, vielmehr die auf der Leinwand.

Allerdings, als Schauspieler hat Bud Spencer, der am Montag in Rom im Alter von 86 Jahren starb, sich nie gesehen. Oder jedenfalls fast nie. Ein Schauspieler habe viele Persönlichkeiten, er nur eine, aber die könne niemand besser spielen als er – so oder ähnlich hat er es viele Male betont, nur 2004, beim Besuch der Berlinale, hat er diese selbstkritische Sicht, mit der er sich lediglich als ikonenhafte Marke, nicht als Schauspieler gelten ließ, ein wenig gemildert: Ermanno Olmis damals gezeigter Film „Singing Behind Screens“, eine Art kunstvoller Italo-Eastern um eine chinesische Piratin des 18. Jahrhunderts, mit ihm als altem Kapitän – das war für Bud Spencer „mein erster wichtiger Film“, der Regisseur habe ihn darin zum Schauspieler gemacht – „ein Wunder“. Allein schon die Dialoge, die er nun zu bewältigen hatte! Ganz anders als in seinen Westernrollen. Denn wie viele Wörter braucht schon ein Cowboy? „40 bis 50 genügen.“

Aber ihm genügten sie nun nicht, als er ausführlicher über den Piratenfilm zu sprechen begann, der doch von den klassischen Spencer-Rollen tausende Seemeilen entfernt war. Ein Kerl wie ein Bär, noch immer, saß da im Hotelzimmer, massig, gewaltig, das nun schüttere Haar zurückgekämmt, der Vollbart ergraut, aber wuchernd wie gewohnt. Ein alter Mann, gewiss, aber ein Typ eben, bei dessen Anblick jeder noch immer verstand, warum man 1967 gerade ihn, den schauspielerischen Laien, in dem Italowestern „Gott vergibt... Django nie!“ als Hauptdarsteller eingesetzt hatte, neben Terence Hill, Beginn einer wunderbaren Partnerschaft. Und Start in das Leben unter dem Künstlernamen Bud Spencer, Reverenz an sein Lieblingsbier Budweiser und seinen Lieblingsschauspieler Spencer Tracy.

Damals hatte erschon eine gehörige Portion Leben hinter sich. Am 31. Oktober 1929 war er als Sohn eines neapolitanischen Fabrikanten geboren worden. 1940 war im Hafen ein Munitionsschiff durch Bomben in die Luft geflogen und die Fabrik gleich mit, und so zog die Familie erst nach Rom, später nach Südamerika, von wo der junge Italiener 1948 zurückkehrte, um ein Jurastudium zu beginnen, das er nie beendete. Die Schwimmkarriere war nun wichtiger, nach deren Ende Spencer sich in wechselnden Job wieder in Südamerika herumtrieb, ab 1960 zurück in Rom für die Schallplattenfirma RCA arbeitete, als Komponist von Filmmusiken und Schlagern für die Sängerin Rita Pavone, die auch in Deutschland erfolgreich war. Und er heiratete, was sich für den Weg ins Filmgeschäft als nützlich erweisen sollte: Sein Schwiegervater war Giuseppe Amato, einer der einflussreichsten italienischen Produzenten, über den Spencer Zugang zur Filmszene in Roms Cinecittà fand und kleine Nebenrollen ergatterte.

Den Sprung zum Hauptdarsteller verdankte er zunächst seiner Leibesfülle, wie Spencer 2012 im Tagesspiegel verriet. Ob er noch immer so muskulös sei wie bei den Olympischen Spielen, wollte ein befreundeter Regisseur, der seine Frau angerufen hatte, wissen. Sie musste verneinen, er sei nun viel dicker: „Er frisst nur noch und macht keinen Sport mehr.“ Genau so ein Typ wurde gesucht. Der Django-Film war noch ein klassisch-knallharter Italowestern, aber mit dem Gespann Spencer-Hill war der Grundstein für ihre Zusammenarbeit gelegt, die besonders in Deutschland, in West wie Ost, das jugendliche Publikum in den siebziger und achtziger Jahren in Massen in die Kinos trieb. Schon die Titel sagten alles über Inhalt und Tendenz der Filme aus: „Vier Fäuste für ein Halleluja“, „Die rechte und die linke Hand des Teufels“ oder „Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle“. Es waren Krawallkomödien, Parodien auf den klassischen und mehr noch auf den Italowestern, mit Terence Hill als blauäugig-draufgängerischem Mädchenschwarm und Bud Spencer als brummig-gutmütigem Kraftmenschen und Raufbold, berühmt-berüchtigt besonders für „La bomba“, seinen Dampfhammer-Schlag mitten auf die Birne des jeweiligen Gegners – eine Kampftechnik, die sich auch ohne Hill als Kampfgenossen bewährte, in Filmen wie „Sie nannten ihn Mücke“ oder der „Plattfuß“-Reihe. Ein Vielfraß blieb er in allen Rollen, und man hatte mitunter den Eindruck, dass er sich vor allem von aufgewärmten Bohnen ernährte, die einmal sogar, in „Auch die Engel essen Bohnen“, titelstiftend waren.

Doch wie immer seine Filme auch hießen – Bud Spencer blieb Bud Spencer und er war es gern, wie er im Tagesspiegel-Interview versicherte: „Ich habe vier Generationen von Fans, die meine Filme mögen. Die Menschen sehen diesen Typen, der das tut, was sie selbst nicht tun dürfen: dem nervigen Chef einfach mal eine Backpfeife verpassen – ohne dass Blut spritzt. Das hat diese Figur in der ganzen Welt sympathisch gemacht. Und ich bin eins mit ihr geworden.“

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