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Kultur: Zur Sache, Schätzchen!

Ein

von Jörg Plath

Um Himmelswillen, kein falscher Ton! Bitte nicht missverstehen! Und dann müssen wir immer noch abwarten, was die Verhältnisse draus machen. Denn die Verhältnisse, sie sind nun mal so. Das ist der kastrierte BrechtBlues der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Künste. Das ist der Leisetreter-Refrain am Hanseatenweg. Das ist der Nichtsfürungut-Chor einer sich selbst ins Abseits stellenden Institution. Dirigiert wurde er am Samstagabend von Akademiepräsident Adolf Muschg. Seiner zweiten Treppenrede, die die Lange Nacht eröffnete, schickte er die Warnung voraus, sie enthalte Ironie, und er sei nicht sicher, ob diese noch verstanden werde. Angekündigte Ironie – ja, so sind die Zeiten. Freilich erwies sich die Warnung an das Publikum als überflüssig. Denn Muschg plauderte sich gänzlich unironisch durch die Historie von Hanseatenweg und Pariser Platz, wo die Akademie im nächsten Jahr ihr neues Gebäude neben dem Hotel Adlon bezieht. Am Ende stellte er die Treppe unter ihm unter Denkmalschutz: „Mal sehen, was der Berliner Jux der Verhältnisse daraus macht.“

So heiter warnend, so kraftlos mahnend juxt nur die Akademie. Ist’s die Gegenwart, die sie zahnlos macht: die alleinige Finanzierung durch die Bundesregierung seit diesem Jahr? Ist’s die Zukunft: der Umzug an den Pariser Platz neben Wirtschaft und Politik im nächsten Jahr? Oder ist’s, horribile dictu, vielleicht niemand anders als die Institution selbst, die nicht weiß, wie sie die vom früheren Präsidenten Günter Grass geforderte „kritische Funktion in der Gesellschaft“ wahrnehmen soll? „Was verrät die Akademie durch den Umzug über sich selbst?“ fragte Muschg und antwortete mit einem Schlager seiner Jugend: „Am Pariser Platz, da ist sie schon dein Schatz“. Die Akademie, das Liebchen – holla, das ist aber jetzt ein falscher Ton und ein ganz und gar gewagter!

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