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Kultur: Zurichtung für den Scheiterhaufen

THEATER

Der österreichische Dramatiker Felix Mitterer deckt in seinem Stück Kinder des Teufels eine ausgeklügelte Technik ideologischer Täuschung auf. Wer die Macht ausübt, deutet das Recht. Mitterer geht auf die Prozessakten eines der furchtbarsten europäischen Hexenprozesse zurück. Was zwischen 1675 und 1681 im Salzburger Land geschah, macht er zum Beispiel für eine Gerichtsbarkeit, die sich als unangreifbar und wohlanständig empfindet, weil sie genau umrissenen gesellschaftlichen Interessen dient. Der Salzburger Hexenprozess richtete sich gegen Kinder. Durch das Land stromernde Entwurzelte aller Art wurden regelrecht gejagt und eingesammelt, weil das christkatholische Bürgertum diesen menschlichen „Abfall“ nicht dulden wollte. Unter der Folter erfanden die Ausgestoßenen aberwitzige Geschichten und Begebenheiten, erzählten, was der verhörende Hofrat hören wollte. Es half den Angeklagten nichts – sie wurden, von seltenen Ausnahmen abgesehen, hingerichtet. Nur wenige der Beschuldigten waren über 14 Jahre alt.

Manuel Schöbel hat das Stück im Berliner carrousel-Theater für Jugendliche inszeniert, ohne vor den Folterszenen und der kaum erträglichen Gelassenheit der Verhöre zurückzuschrecken. Folter findet statt in ästhetischer Verfremdung, sie ist immer da, wird aber der Vorstellungskraft der Zuschauer überlassen. Schauspielerisch zeigt die Aufführung eine überzeugende Geschlossenheit, sie ist auf emotionale Wirkung aus und schämt sich dieser nicht. Das ist aktuell genug – die Technik, schönzureden, was Schrecken verbreitet.

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