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Kultur: Zurück zum Ring

zwischen Zigarettenfabrik und Walkürenfelsen Als die Stuttgarter Oper vor ein paar Jahren ihre bejubelte Neuinszenierung des „Rings“ auf vier Regisseure verteilte, wurde damit zugleich gezeigt, dass sich jeder Teil von Wagners Tetralogie auch einzeln aufführen lässt. Nicht, dass diese Erkenntnis völlig neu wäre, im Zuge der „Ring“-Gigantomanie, die Deutschlands Opernhäuser seit 1980 erfasst hat, ist sie nur fast in Vergessenheit geraten.

zwischen Zigarettenfabrik und Walkürenfelsen Als die Stuttgarter Oper vor ein paar Jahren ihre bejubelte Neuinszenierung des „Rings“ auf vier Regisseure verteilte, wurde damit zugleich gezeigt, dass sich jeder Teil von Wagners Tetralogie auch einzeln aufführen lässt. Nicht, dass diese Erkenntnis völlig neu wäre, im Zuge der „Ring“-Gigantomanie, die Deutschlands Opernhäuser seit 1980 erfasst hat, ist sie nur fast in Vergessenheit geraten.

Dabei waren isolierte Aufführungen der „Walküre“, aber auch der „Götterdämmerung“ vorher gute alte Stadttheater-Sitte – was dazu beitrug, diesen Brauch einschlafen zu lassen. Denn von Augsburg bis Mönchengladbach wollten die Opernhäuser mit ihrem „Ring“-Geklotze auch beweisen, dass sie mehr seien als bloße „Stadttheater“ – was in Ausnahmefällen (Kiel, Münster) gelang. Meistens aber zeugte dies ebenso von Selbstüberschätzung wie die protzigen Kongresszentren, mit denen Gernegroßstädte auf Metropole machten.

Doch inzwischen ist in Kommunen und Theatern wieder Bescheidenheit angesagt, und insofern ist es ein gutes Zeichen, wenn die Staatsoper jetzt ihre Walküre aus Harry Kupfers „Ring“-Zyklus für vier einzelne Vorstellungen herauslöst. Pragmatisch ist dieses Verfahren obendrein: Anders als ein ganzer „Ring“ beansprucht eine allein stehende „Walküre“ nicht gleich die ganzen Kräfte des Hauses. Auch das Publikum dürfte damit zufrieden sein, quasi als Zwischenmahlzeit bis zum nächsten kompletten Zyklus (an der deutschen Oper) den populärsten Teil der Saga einmal allein hören zu können. An allen vier Abenden (heute sowie am 2., 5., u. 12.12.) steht der Chef selbst am Pult: Daniel Barenboim , der gerade die neue Staatsopern-„Carmen“ probt (Premiere 4.12.), hat sich den Ausflug zum Walkürenfelsen als Kontrastprogramm zur Sevillaner Zigarettenfabrik verordnet und damit für eine sinnige Spielplandramaturgie gesorgt: Schließlich sind beide Werke nicht nur zeitlich eng benachbart – der „Ring“ wurde ein Jahr nach „Carmen“ uraufgeführt –, sondern verkörpern auch diametral gegensätzliche Konzepte von Musiktheater. Nietzsche übrigens wandte sich von Wagner ab, nachdem er Bizets Oper erlebt hatte. Hoffentlich weiß Barenboim, worauf er sich da einlässt.

Jörg Königsdorf

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