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Kultur: Zwei Seelen, ach!

Von Hermann Rudolph Fast signalhaft wird die Spannweite markiert: Auf der einen Seite Ernst Wilhelm Nays plakative Farbigkeit, gegenüber Bernhard Heisigs aggressive Geschichtsgrübelei. Die West-Welt der fünfziger Jahre hier, die achtziger Jahre Ost dort.

Von Hermann Rudolph

Fast signalhaft wird die Spannweite markiert: Auf der einen Seite Ernst Wilhelm Nays plakative Farbigkeit, gegenüber Bernhard Heisigs aggressive Geschichtsgrübelei. Die West-Welt der fünfziger Jahre hier, die achtziger Jahre Ost dort. Aber die Ausstellung in Schloss Gottorf bei Schleswig will ja auch den ganzen Bogen einer Sammlung vor Augen bringen, die hier zum ersten Male vorgestellt wird. Es ist die Sammlung des in Berlin lebenden Unternehmers Hartwig Piepenbrock.

Begonnen mit der klassischen Moderne und den Zeitgenossen der alten Bundesrepublik hat sie nach der Wende ihren Charakter durch die Konfrontation mit der ostdeutschen Kunst gewonnen. Die Ausstellung unter dem Titel „Farben Form Zeichen“ hat Herwig Guratzsch, der Direktor der schleswig-holsteinischen Landesmuseen, in die norddeutsche Idylle gepflanzt. Aber der Anstoß stammt aus Leipzig, wo Guratzsch am Leipziger Museum der bildenden Künste wirkte - und Hartwig Piepenbrock war der Vorsitzende des Freundeskreises.

Der Anspruch, den mam auf Schloss Gottorf verfolgt, ist nicht gering: Die Ausstellung soll die Dualität von West- und Ostkunst wieder spürbar machen, die im geteilten Deutschland der siebziger und achtziger Jahren dank einzelner Sammler Kontur gewann, aber nach der Wende irgendwie abhanden gekommen ist. Nun mischen sich also die Formsucher des westdeutschen Informel und die Berliner jungen Wilden mit ihren ostdeutschen Kollegen, vor allem der Leipziger Schule - eindrucksvolle Arbeiten von Bernard Schultze fallen auf, der ein Favorit Hartwig Piepenbrocks ist, daneben Emil Schumacher und, von der anderen Seite her, die Maskenspiele Harald Metzkes.

Begegnen sie sich? Brechen sie aus ihren Welten aus? Hat ein Leipziger wie Hartwig Ebersbach mit seiner gewaltigen „Ausgrabung des Kölner Doms“ die viel beschworene Trennlinie nicht längst erfolgreich ignoriert? Die Gottorfer Ausstellung bezeugt jedenfalls die anhaltende Faszination des west-östlichen Geländes, erschlossen von der Kunst-Fährten-Suche eines ganz unverkrampften, souveränen Sammlers.

Übrigens hatte eine andere Berliner Privatsammlung, die von Heiner und Ulla Pietzsch, vor zwei Jahren ihren ersten Auftritt in Dresden. Nun also Hartwig und Maria-Theresia Piepenbrock in Gottorf. Macht Berlin etwas falsch?

Farbe Form Zeichen, Ausstellung der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen auf Schloss Gottorf, bis 22.September. Katalog bei der Edition Braus, Heidelberg.

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